Ulm Der erste Münsterbaumeister Heinrich II. Parler würde sich wahrscheinlich gar nicht so sehr wundern, sähe er den neuen elektronischen Opferstock im Ulmer Münster. Denn im Geldeintreiben waren die Ulmer schon immer gut. Als 1377 der Grundstein für die Kirche mit dem höchsten Turm der Welt gelegt wurde, kam des Geld direkt aus der Bürgerschaft. Und um es 634 Jahre später den Ulmern zu erleichtern, für die „Bürgerkirche“ zu spenden, steht jetzt ein kleines graues Kästchen hinter dem Eingang. „Schnell und bequem“, so die Aufschrift, kann der Kirchgänger jetzt per EC-Karte dazu beitragen, das Ulmer Münster als Kulturdenkmal zu erhalten.
Wie im Supermarkt. „Zahlung erfolgt“ steht auf dem schmucklosen „Kundenbeleg“, den der Opferstock ausspuckt. Kein Pslam, kein netter Spruch, kein Dankeschön. Aber das kann sich ja noch ändern. „Wir sind damit absichtlich noch nicht an die Öffentlichkeit gegangen, weil die Ausschilderung noch fehl“, sagt Münsterpfarrerin Tabea Frey.
Spendenquittung für das Finanzamt
Nach dem Probebetrieb arbeite das Gerät jetzt einwandfrei und sammelt bereits fleißig Geld. Ob dadurch die Spendenbereitschaft zugenommen hat, könne die Mümsterpfarrerin noch nicht sagen. Die erste Auswertung steht noch aus.
Aber freilich hoffe sie, dass so mehr Unterstützung für das Münster zusammen kommt. Zumal die Spender einen handfesten Vorteil haben: Bis 99 Euro kann der „Kundenbeleg“ als Spendenquittung beim Finanzamt eingereicht werden. Berührungsängste des sakralen Baus und einer Technik, die eher in einen Discounter zu passen scheint, hat Frey nicht. „Auch wir als Kirche müssen mit der Zeit gehen.“
Zumal die Kirche mit dem Superkirchturm in dieser Sache ausnahmsweise mal keinen Superlativ präsentieren kann. Im historischen Kreuzgang der St. Anna Kirche in Augsburg steht beispielsweise seit Dezember 2007 ein elektronischer Opferstock.
Er schneidet bei der Spendensumme besser ab
Die Fuggerstädter sammelten also bereits Erfahrung. Und die lässt hoffen: Der elektronische Klingelbeutel schneidet bei der Spendensumme besser ab als der herkömmliche Opferstock, der gleich nebenan steht. Über 10000 Euro sind auf elektronischem Weg bisher für die St. Anna-Kirche gespendet worden, 2000 Euro mehr als auf herkömmlichen Weg.
Auch im Münster könnte so eine gesteigerte Spendenbereitschaft entfacht werden. „Eine tolle Sache“, sagt Münsterbesucherin Sigrid Plenert aus Memmingen. Und wie heißt es schon in der Apostelgeschichte, Kapitel 20, Vers 35: „Geben ist seliger denn nehmen.“ Oliver Helmstädter