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Ulm: Auf der 100-Millionen-Baustelle

Ulm

Auf der 100-Millionen-Baustelle

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    Blick auf das Portal zum Albabstiegstunnel der im Bau befindlichen Neunbaustrecke Ulm Wendlingen. Oben: Die neue Straßenbahnbrücke der Linie 2 der SWU Stadtwerke. Rechts (eingehüllt) die Brücke der Brenzbahn, die im Juni über den Trog geschoben wird.
    Blick auf das Portal zum Albabstiegstunnel der im Bau befindlichen Neunbaustrecke Ulm Wendlingen. Oben: Die neue Straßenbahnbrücke der Linie 2 der SWU Stadtwerke. Rechts (eingehüllt) die Brücke der Brenzbahn, die im Juni über den Trog geschoben wird. Foto: Oliver Helmstädter

    Die Brücke steht schon bereit: Noch in Planen gehüllt wird der stählerne Fachwerkbau auf den großen Moment vorbereitet, wenn er über den neuen Bahntrog geschoben wird. Denn im Juni wird die Eisenbahnstrecke nach Aalen auf dem Gelände des Ulmer Hauptbahnhofs verlegt, um mehr Platz für eine der größten Baustellen der Stadtgeschichte zu schaffen: den Umbau des Ulmer Bahnhofs. Der ist nötig, um die Münsterstadt an die Neubaustrecke in Richtung Stuttgart anzuschließen. 100 Millionen Euro werden allein in Ulm verbaut, sagt Projektleiter Stefan Kielbassa.

    Bereits im November vergangenen Jahres wurde der 250 Millionen Euro teure Albabstiegstunnel zwischen dem nördlichen Portal bei Dornstadt und dem südlichen Portal in Ulm durchschlagen. Nun gehe es darum, den Trog weiter Richtung Ulmer Hauptbahnhof voranzutreiben. Vermutlich eine Woche Ende September/Anfang Oktober diesen Jahres fahren wegen der Brenzbahnverlegung nur Busse in die 50 Kilometer nördlich von Ulm gelegene Stadt Aalen. Der zweite große Einschnitt in den Bahnverkehr kommt, wenn die Strecke nach Stuttgart, die Filztalbahn, umgesetzt wird. Ende kommenden Jahres wird dann Ulm für ein bis zwei Wochen vom Fernverkehr komplett abgeschnitten. Sämtliche Züge aus Berlin oder Dortmund werden dann über Günzburg umgeleitet.

    „Wir sind im Zeitplan“, sagt Kielbassa. Ende 2021 werde der Personen- und Güterverkehr auf der Strecke Richtung Stuttgart im kommerziellen Betrieb laufen. Der Ingenieur ist seit 2009 mit dem Projekt befasst und koordiniert sämtliche Arbeiten der Neubaustrecke zwischen Hohenstadt und dem Ulmer Hauptbahnhof. Ende 2018 wird seine Mannschaft fertig sein. Dann sind sämtliche Tunnel, Brücken, Dämme und Entwässerungsanlagen gebaut und die Strecke ist komplett abgedichtet, um das Grundwasser bei etwaigen Unfällen zu schützen.

    Danach übernimmt ein anderes Team, um die „eisenbahntechnische Ausrüstung“ anzubringen. Das beinhaltet etwa die Stromversorgung, das künftige europaweit standardisierte Zugbeeinflussungssystem und Signale. Eisenbahnschwellen gehören nicht dazu: Die Schienen werden auf einer durchgehenden Betonplatte montiert. Als ungewöhnlich bezeichnet Kielbassa, dass mit dem Bau der Straßenbahnbrücke zwei Großbaustellen „übereinandergelegt“ wurden. Doch durch penible Planung der Abläufe funktioniere das bisher einwandfrei. Ebenso kompliziert sei die Koordination der Bauarbeiten der Zugstrecke mit der Autobahnbaustelle auf der Alb.

    2021 wird Ulm an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz angeschlossen sein. Aber Fahrgäste steigen am alten Bahnhof aus. „Es gibt noch nicht einmal eine Planung für das Gebäude“, sagt Kielbassa. Möglich sei auch, dass die Stadt Ulm das Empfangsgebäude kauft und in eigener Regie saniert. Ziel der Bahn sei es, den Fußgängertunnel, der schon 2016 zum Einkaufsquartier Sedelhöfe führt, bis zur Schillerstraße auf die andere Seite der Gleise zu verlängern. Die barrierefreie Erschließung der Gleise soll Ende des Jahres über Lifte am Bahnhofssteg begonnen werden. In Stuttgart hat Kielbassa sein Büro, doch nach Ulm komme er gerne. Nicht zuletzt, weil die ganze Bevölkerung hinter dem „Jahrhundertprojekt“ zu stehen scheine. In der Landeshauptstadt sei das durch die Diskussion um Kopf- oder Durchgangsbahnhof anders.

    Selbst bei den Sprengungen für den Albabstiegstunnel hätten sich die Beschwerden von Ulm bis Dornstadt in Grenzen gehalten. Ausnahmen bestätigen die Regel: Als „Monster“, die auf der Alb für schlimmere Zustände als in Aleppo sorgen, mussten sich Kielbassa und sein Team beschimpfen lassen. „Eine Verhöhnung von Kriegsopfern“, sagt Kielbassa. Doch bald zehn Jahre im Dienste eines der umstrittensten Großprojekte des Landes haben eine dicke Haut wachsen lassen.

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