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Gesundheit: Schulluft: Ein weiteres Gutachten soll her

Gesundheit

Schulluft: Ein weiteres Gutachten soll her

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    An der Pfarrer-Kneipp-Grund- und Mittelschule wurden Schadstoffe in der Raumluft der Werkräume gefunden.
    An der Pfarrer-Kneipp-Grund- und Mittelschule wurden Schadstoffe in der Raumluft der Werkräume gefunden. Foto: Markus Heinrich

    Schadstoffe in der Schulluft zwingen die Verantwortlichen der Pfarrer-Kneipp-Grund- und Mittelschule zum Handeln. Nach einer internen Versammlung der Stadtspitze mit Lehrern und Vertretern des Elternbeirats steht fest, dass noch mehr getan wird, als am Montag im Stadtrat beschlossen wurde.

    Man nehme die Sorgen der Eltern und Lehrkräfte sehr ernst, sagte Bürgermeister Paul Gruschka (FW) unserer Zeitung am Mittwoch. Deshalb wird der Lagerraum, in dem eine auffällige Konzentration des radioaktiven Gases Radon gemessen wurde, nun verschlossen, bis klar ist, wo die Quelle der Verunreinigung liegt. Die Küche im Keller dürfe nur noch genutzt werden, wenn die dort bereits installierte Lüftung eingeschaltet ist. Für die Werkräume wird es eine Anordnung zum regelmäßigen Lüften geben. Gruschka sagt, dies müsse nach der Aussage des Gutachters mindestens einmal pro Schulstunde geschen, besser allerdings alle 20 Minuten. Dass dies nicht ganz einfach wird, räumt Gruschka ein. „Wir müssen sehen, wie das im Winter zu schaffen ist.“ Denn bis die vom Stadtrat genehmigte Lüftungsanlage eingebaut ist, wird noch Zeit vergehen. „Wir möchten bis Weihnachten fertig sein“, sagt Gruschka. „Aber das ist ein sportliches Ziel.“ Es wird auch davon abhängen, wie Fachfirmen verfügbar sind. Die Stadt will dem Problem nun auch mit einer Langzeitmessung auf den Grund gehen, wie sie etwa der Radon-Experte Professor Dr. Wolfgang Reinhold Uhlig in unserer Zeitung empfohlen hat. „Das ist auf jeden Fall der richtige Weg“, sagt Gruschka. „Das jetzige Gutachten ist eine Momentaufnahme unter Extrembedingungen.“ Gemessen wurde in einem Zeitraum im Sommer, nachdem tagelang nicht gelüftet wurde. Schüler waren in dieser Zeit nicht um Gebäude.

    Zudem will Gruschka ein weiteres Gutachten in Auftrag geben, welche das Problem aus medizinischer Sicht bewerten soll. Bislang habe man eine baubiologische Betrachtung vorliegen. Das neue Gutachten soll klären, welche Auswirkungen die gemessenen Konzentrationen von Formaldehyd, PCB und Radon auf die Gesundheit von Lehrern und Kindern haben können. Die Messungen wurden in den Werkräumen und dem zugehörigen Lagerraum im Keller sowie in der Küche dort gemacht. Anlass waren aufgetretene Erkrankungen in der Lehrerschaft. Dass es sich dabei um Fälle von Krebs handelt, bestätigte Gruschka gestern gegenüber unserer Zeitung.

    Das medizinische Gutachten soll auch Aufschlüsse darüber geben, ob diese Erkrankungen auf die Schadstoffe in der Raumluft zurückzuführen sind. Eine Schließung der Werkräume sei auch diskutiert worden. Das sei aber nicht so einfach und zudem sei das angesichts der Werte „nicht angezeigt“.

    Dass die Stadt schnell handelt, sieht man beim Umweltinstitut München positiv. „Sehr dringend“ gebe es hier Sanierungsbedarf, sagt Hauke Doerk nach Durchsicht der Messwerte. Doerk ist der Referent für Radioaktivität des Vereins und er hat vor allem den Radonwert im Auge. „Radon ist der zweitstärkste Auslöser von Lungenkrebs nach dem Rauchen“, verdeutlicht er. Es komme deshalb jetzt darauf an, dass ordentlich gelüftet wird. „Nicht nur kippen, man muss schon auf Durchzug stellen“, präzisiert er – und das möglichst mehrmals pro Schulstunde. Auch sollte immer vor Unterrichtsbeginn gelüftet werden. Man könne auf diese Weise den Radongehalt erfahrungsgemäß stark senken, bis zum Faktor drei, erklärt der Physiker.

    Für Radon gibt es in Deutschland immer noch keinen verbindlichen Grenzwert, nur einen Referenzwert. Der liegt nach einem Kompromiss der Länder seit Mai bei 300 Becquerel pro Kubikmeter Luft. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt 100

    „Man sollte dazu wissen, dass pro 100 Becquerel mehr Radon das Krebsrisiko um 10 bis 15 Prozent ansteigt“, sagt Doerk. Das Bundesamt für Strahlenschutz nennt in diesem Zusammenhang 16 Prozent erhöhtes Risiko. Dabei wird aber angenommen, dass man der Strahlung dauerhaft ausgesetzt ist, was in den Werkräumen ja nicht der Fall ist. „1000 Becquerel wären eine Verdoppelung des Risikos“, sagt Doerk. Im Lagerraum wurden 1100 Becquerel gemessen. Dabei gelten die Richtwerte für Erwachsene. „Vor allem junge Kinder sind aber wesentlich stärker gefährdet“, macht Doerk klar. „Das geht aus einer Tabelle des Bundesamtes für Strahlenschutz hervor.“ Der Grund: Bei Kindern teilen sich die Zellen schneller als bei Erwachsenen. Bei einem Schaden, etwa durch Radon, bleibe dem Körper also viel weniger Zeit für die Reparatur.

    Der Elternbeirat der Grundschule werde sich nun zusammensetzen und die gewonnenen Erkenntnisse besprechen, sagte Beiratsmitglied Alexander Hackspiel gestern auf Nachfrage. Dann werde man sich öffentlich äußern.

    Diese Werte wurde gemessen:

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