Zugausfälle, Heizungsprobleme und Verspätungen - Schnee und Kälte setzen der Bahn gerade kräftig zu. Dabei sind die Schneeprobleme von heute auch Schnee von gestern. Der war nämlich immer schon ein Gegner der Eisenbahn. Wie man in früheren Dampfzug-Zeiten ohne viel Technik-Unterstützung mit dem Winter umging, zeigen Berichte aus der Lokalbahn-Geschichte der Region.
So schrieb der "Kirchheimer Landbote" am 26. November 1909 unter "Lokales": "Furchtbares Schneegestöber herrscht seit einigen Tagen schon in unserer Gegend. Dasselbe verursacht in allen Verkehrslinien kolossale Störungen, besonders auf der Lokalbahnlinie Kirchheim-Mindelheim. Ungeheure Schneemassen bei Pfaffenhausen hatten zur Folge, dass der gestrige Nachmittagszug stecken blieb und erst, nachdem nach einer Stunde der Schnee einigermaßen beseitigt war, wieder weiterfahren konnte ..."
Auch der Nachtzug nach Kirchheim blieb an diesem Tag laut Bericht im Schnee stecken. Dazu schrieb die Zeitung: "Erst nach über zweistündigem Aufenthalte, während welchem die Passagiere in dem Wagen 2. Klasse gemütlich schliefen, trat das Zügle mit Stolz seine Heimreise an und brachte die Mitreisenden gegen 1 Uhr glücklich hierher. Aber nicht bloß auf unserer Bahnlinie, sondern auf fast allen Bahnlinien sind derartige Störungen zu verzeichnen."
Auch in späteren Jahren blieb das Zügle des Öfteren in Schneewehen stecken, wie den Ortschroniken zu entnehmen ist. So wird vom Winter 1931/32 berichtet: "Schneeverwehungen. Die Züge hatten stundenlang Verspätungen. Der Lokalbahnzug Mindelheim-Krumbach blieb abends bei Weilbach im Schnee stecken, 25 Eisenbahnarbeiter hatten die ganze Nacht hindurch anstrengend zu tun, und erst am nächsten Vormittag war es möglich, den Zug aus den Schneemassen herauszuziehen. Die Reisenden, die an dem vorigen Abend von Augsburg, München oder Kempten herkommend nach Pfaffenhausen und Krumbach weiter fahren wollten, warteten vergeblich auf das "Zügle" und mussten in Mindelheim übernachten."
Ältere Pfaffenhausener erinnern sich noch daran, dass Anfang der 1950er Jahre der Kirchheimer Zug am frühen Morgen kurz vor Pfaffenhausen im Schnee stecken blieb. Die kleine Dampflok, liebevoll "Kaffeemühle" genannt, verlor dabei wegen Achsbruchs ein Rad und konnte erst nach vielen Stunden von einer herbeigerufenen großen Lokomotive aus den Schneemassen gezogen werden. Der Pfaffenhausener Gemeindediener Birzle "glockte" bei starkem Schneetreiben das Unglück damals im Flecken mit der kurzen Nachricht aus: "D'r Zug isch verhockat!"
Ansonsten sprechen die damaligen Berichte von einer gewissen Gelassenheit. Es gab keine Lautsprecherdurchsagen und keine telefonischen Informationen. Das Problem war lokal. Weite Reisen hat ohnehin kaum jemand angetreten. Ob es zum Beispiel auch im fernen Frankfurt schneite, interessierte deshalb kaum. Die Fahrgäste warteten eben geduldig.
Bei der Bahn rückten derweil scharenweise Arbeiter mit Schaufeln aus, um die Schneemassen von Weichen und verwehten "Einschnitten" wegzuräumen. Der Bahnbetrieb mit seinen Bahnmeistereien war darauf vorbereitet und die "Passagiere" wussten um die Gewalt der Natur. So ging die Räumung einst oft schneller als heute mit schwerem Gerät.
Auch die Schule fiel selten schneebedingt aus. Die Kinder auf dem Land waren beschwerliche Schulwege ohnehin gewohnt. Im Winter wurden sie von den Weilern und Einöden meist mit Pferdeschlitten angefahren und kamen ziemlich durchgefroren in die Schule. Die Lehrer wohnten sowieso am Ort, in der Regel sogar im Schulhaus, wo sie den Schulsaal rechtzeitig angeheizt hatten.
Heute können sich enttäuschte Fahrgäste in aller Form beschweren. Dies war in Bayern im Übrigen früher auch ganz offiziell möglich. In jeder Station lag ein Beschwerdebuch auf. Wer Beschwerden über das Benehmen von Bahnbeamten oder über Mängel im Bahnbetrieb vorbringen wollte, konnte sich hier eintragen. Doch bereits im Jahre 1909 wurde das für die Bahnbeamten ärgerliche Beschwerdebuch endgültig abgeschafft.