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Energie im Unterallgäu: Der Windkraft im Unterallgäu geht die Luft aus

Energie im Unterallgäu

Der Windkraft im Unterallgäu geht die Luft aus

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    Nach der 10-H-Regelung herrscht bei der Windkraft im Unterallgäu Flaute.
    Nach der 10-H-Regelung herrscht bei der Windkraft im Unterallgäu Flaute. Foto: Reinhold Radloff

    Vor sechs Jahren, nach dem Reaktor-Unglück in Fukushima, herrschte auch im Unterallgäu Aufbruchstimmung: Nicht nur auf Bundes- und Landes-, sondern auch auf Kreisebene sollte die Energiewende, also der Wechsel von fossilen oder atomaren zu regenerativen Energiequellen vorankommen. Besonder vielversprechend erschien die Windkraft, die damals in Windeseile zahlreiche Investoren anlockte.

    Der Landkreis, die Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim, die Genossenschaftsbank Unterallgäu, vier Volks- und Raiffeisenbanken und die Baywa r.e. Wind GmbH wollte jedoch nicht ihnen das Feld überlassen. Stattdessen sollten die Bürger die Energiewende gestalten und in Form von Bürgeranlagen selbst davon profitieren. Dafür gründeten die acht Gesellschafter vor vier Jahren die „Projektentwicklungsgesellschaft Windkraft Unterallgäu“. Sie sollte die Windkraftanlagen bis zur Genehmigung planen und sie dann an die Gemeinden und ihre Bürger übergeben. Doch nun ist die Gesellschaft endgültig Geschichte: In seiner jüngsten Sitzung hat der Kreisausschuss beschlossen, sie aufzulösen.

    Hintergrund ist die sogenannte 10-H-Regelung, die der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer Ende 2014 durchgesetzt hatte: Ein Windrad muss demnach mindestens zehn mal so weit von Wohnhäusern entfernt sein, wie es hoch ist. Bei den 200 Metern, die heute Standard sind, wären das 2000 Meter. Weil die aber an keinem der fünf Vorranggebiete eingehalten werden können, die der Regionalverband Donau-Iller für den Landkreis ausgewiesen hatte, hatten die Gesellschafter das Projekt schon 2015 auf Eis gelegt.

    Der Landkreis kam glimpflich davon

    „Wenn sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern sollten, werden wir wieder versuchen, unser Geschäftsziel erreichen zu können“, hatten die Vertreter der Banken, Albert Egg und Hermann Kerler, damals angekündigt. Doch diese Hoffnung hat sich inzwischen zerschlagen. Wie Kreiskämmerer Sebastian Seefried in der Sitzung sagte, hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof die 10-H-Regelung im Kern bestätigt und Klagen dagegen abgewiesen. Die Banken und die BayWa r. e. Wind GmbH hätten sich deshalb dafür ausgesprochen, die Projektentwicklungsgesellschaft aufzulösen. Denn auch im stillgelegten Zustand fallen Seefried zufolge Kosten an. So müssten zum Beispiel Jahresabschlüsse erstellt und diese geprüft werden. Die beiden Geschäftsführer, Simon Sturm von der BayWa r. E. Wind GmbH und der Holzgünzer Bürgermeister Paul Nagler, haben nach Auskunft der Pressestelle „ohnehin auf ihr geringes Salär verzichtet, als klar wurde, dass die Gesellschaft in ihrer Geschäftstätigkeit eingeschränkt wird“. Insgesamt haben die acht Kommanditisten mit dem jetzigen Aus der Projektentwicklungsgesellschaft und der dazugehörigen Verwaltungsgesellschaft rund 47000 Euro verloren. Weil der Landkreis nur mit rund fünf Prozent an der Gesellschaft beteiligt war, kommt er mit einem Verlust von rund 2350 Euro vergleichsweise glimpflich davon. Die Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim hat – ebenso wie die beteiligten Raiffeisenbanken und die Genossenschaftsbank zusammen – rund 15000 Euro verloren, die BayWa r.e. Wind GmbH etwa 14700 Euro.

    Bei Landrat Hans-Joachim Weirather ist die Enttäuschung über das das Ende der Projektentwicklungsgesellschaft groß. Schließlich habe er den Auftrag der Bundes- und der Bayerischen Staatsregierung, aktiv auf eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende hinzuwirken, sehr ernst genommen. „Meine Hoffnung bestand darin, die Windkraft mit dem Bau einiger neuer Anlagen zu einer der tragenden Säulen regenerativer Energien zu machen. Damit hätten wir den im Unterallgäu mit 70 Prozent ohnehin schon hohen Anteil an regenerativen Energien an der Stromerzeugung weiter steigern können – und uns möglicherweise endgültig an die Spitze in ganz Deutschland setzen können“, sagte er auf Anfrage der MZ.

    Vom Scheitern der Projektentwicklungsgesellschaft will sich der Landkreis jedoch nicht entmutigen lassen. Sie sei eine von vielen Aktivitäten gewesen, mit denen der Landkreis versuche, die Energiewende voranzubringen, sagt Weirather und verweist etwa auf die „Modellregion Unterallgäu Nordwest“ (wir berichteten), die als deutschlandweit einmaliger Feldversuch gilt.

    27 Gemeinden der Verwaltungemeinschaften Babenhausen, Boos, Erkheim, Kirchheim, Memmingerberg und Pfaffenhausen testen darin etwa, wie Energie effizienter genutzt und die regenerative Stromerzeugung ausgebaut werden kann. „So werden wir auch auf der Basis der unerfreulichen Situation bei der Windkraft in den kommenden Jahren Erfolge vorweisen können, wenn es darum geht, den Landkreis energieautark zu machen“, ist Landrat Weirather überzeugt. (baus, mz)

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