Umweltminister Peter Altmaier macht sich Sorgen. Einmal um die globale Erderwärmung, dann aber auch um das Gelingen der Energiewende in Deutschland. In beiden Fällen hat er allen Grund dazu – leider.
Der Petersberger Klimadialog wird begleitet von dem Lamento über die international erlahmende Bereitschaft, entschlossen gegen die Klimaerwärmung vorzugehen. Die Schulden- und Euro-Krise entfaltet längst ihre lähmende Wirkung. Hinzu kommt, dass viele Länder die ignorante, ja verantwortungslose Bremserei der USA und China, der weltweit mit Abstand größten Verursacher klimaschädlicher Emissionen, bereitwillig zum Anlass nehmen, von eigenen Versäumnissen abzulenken. Bis auf eine so kleine wie lautstarke Gruppe von Wissenschaftlern und Politikern, die – eindeutige Daten fröhlich ignorierend – noch immer von der Klimalüge sprechen, kann dies ernstlich niemanden freuen.
Klimaschutz ist teuer. Nur ökonomisch leistungsfähige Länder haben das Potenzial, ihn voranzutreiben. Was aber nützt die beste Klimapolitik, wenn sie dazu führt, eben die wirtschaftlich starken Nationen so nachhaltig zu schwächen, dass eben dieses Potenzial in Gefahr gerät, fragen die Kritiker. Und diese Frage ist in der Tat berechtigt. Nicht von ungefähr hat EU-Energiekommissar Günther Oettinger vor einer schleichenden Deindustrialisierung in den EU-Ländern gewarnt. Wer jetzt einwendet, dass weniger Industrie ja gut für die Umwelt sei, hat nichts verstanden. Einen Widerspruch zwischen Klimaschutz und einer schlagkräftigen Wirtschaft zu konstruieren, ist fahrlässig. Es ist vielmehr so, dass Letztere Bedingung für einen Erfolg ist. Nicht von ungefähr ist Deutschland – bisher zumindest – relativ unzerzaust durch die Finanzkrise gekommen.
Inwieweit das Land glimpflich durch die Energiewende kommt, ist unklar. Auch hier geht es darum, eine Balance zu finden. Der Wechsel hin zu regenerativen Energien darf die ökonomische Basis nicht zerstören. Es ist bereits viel Zeit mit unhaltbaren Versprechungen und einer unzureichenden Koordination der zugegeben äußerst komplizierten Operationen vertrödelt worden.
Dass Altmaier jetzt die erheblichen Defizite offen und unaufgeregt benannt hat, macht Hoffnung. Der CDU-Politiker nahm dabei nicht nur in Kauf, dass die Leistung seines Vorgängers und Parteikollegen Norbert Röttgen nun in noch schlechterem Licht erscheint, sondern auch, dass der Ruf Angela Merkels als „Klimakanzlerin“ weiter Schaden nimmt. Dass dies ein Jahr vor der Bundestagswahl geschah, spricht für Altmaier, zeigt aber auch, wie verfahren die Situation ist. Längst kann die dramatische Euro-Krise die Furcht vor steigenden Strompreisen nicht mehr überdecken. Die Verbraucher sind angesichts sich teilweise diametral widersprechender Studien zur Preisentwicklung völlig verunsichert.
Frappierend erinnert die ins Schlingern geratene Energiewende an die Bundeswehrreform. Es war Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der die Reform der Truppe samt der Abschaffung der Wehrpflicht kühn einleitete. Mit den Details der gewaltigen Umwälzung wollte oder konnte sich der eloquente Baron nicht so recht befassen. Sein staubtrockener, aber preußisch-seriöser Nachfolger Thomas de Maizière (CDU) ist nun damit beschäftigt, das Durcheinander wieder aufzuräumen. Im Umweltressort leitete Röttgen den Atomausstieg ein. Doch auch er verlor, berauscht von dem epochalen Projekt, den Überblick. Nun muss Altmaier die Bauklötze seines Vorgängers wieder einsammeln und neu ordnen.