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Es knirscht

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    Es knirscht
    Es knirscht

    In der Koalition liegen die Nerven blank. Die souveräne Mehrheit für die umstrittenen Milliardenbürgschaften haben Angela Merkel und Philipp Rösler wohl etwas voreilig als Zeichen neuer Geschlossenheit gedeutet. Nur wenige Tage nach dem beruhigenden Votum im Bundestag brechen die alten Gräben schon wieder auf: Verkehrsminister Peter Ramsauer spekuliert öffentlich über einen Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone, um seinen Posten als CSU-Vize zu retten – und Kanzleramtschef Ronald Pofalla ist mit dem Management der Koalition offenbar schon länger überfordert. Anders lässt sich die im Stil wie im Ton unerträgliche Pöbelei gegen seinen populären Parteifreund Wolfgang Bosbach jedenfalls kaum erklären.

    Selbst wenn der frühere CDU-Generalsekretär sich nur im Ton vergriffen haben sollte: Der Zwischenfall aus der vergangenen Woche, der erst jetzt bekannt wurde, ist symptomatisch für das Binnenklima in der Koalition. Keiner traut keinem, abweichende Meinungen werden nicht toleriert, sondern stigmatisiert, Konflikte nicht diskret gelöst, sondern rücksichtslos und öffentlich ausgetragen. Unter dem Druck der Ereignisse ist auch auf einen vermeintlichen Routinier wie Pofalla, der den Laden eigentlich zusammenhalten soll, kein Verlass mehr. Ja, schlimmer noch: Mit seinem peinlichen Auftritt vor den nordrhein-westfälischen Abgeordneten der CDU hat er die Euro-Skeptiker nur noch enger zusammengeschweißt. Sollte Peter Gauweiler nun auch noch zum stellvertretenden Vorsitzenden der CSU aufsteigen, wäre das Desaster aus Angela Merkels Sicht perfekt: Einer ihrer Kritiker, Bosbach, ist durch Pofallas unfreiwillige Hilfe noch bekannter geworden. Der andere, Gauweiler, hätte mit einem hohen Parteiamt plötzlich einen noch größeren Resonanzboden.

    Für künftige Auseinandersetzungen, ob in der Schuldenkrise, bei der Pflegereform oder dem absehbaren Streit um die versprochenen Steuerentlastungen, verheißt das wenig Gutes. Auch zwei Jahre nach der Wahl knirscht es noch gefährlich laut im Koalitionsgetriebe. Nur die Frau am Steuer hört das nicht – oder will es nicht hören. Angela Merkel hat ein unerschütterliches Vertrauen in ihre Politik der kleinen Etappen, die immer nur von einem Problem zum nächsten denkt. Dass das vielen in der Union, aber auch vielen Freidemokraten zu wenig ist, dass sie diese Zweifler buchstäblich mitnehmen muss auf ihrer europäischen Reise – das hat sich die Kanzlerin bisher noch nicht eingestanden. Pofallas Rüpeleien werden in ein, zwei Wochen vermutlich vergessen sein. Das Problem dahinter allerdings bleibt: Wer Abgeordnete nur noch in notorische Nörgler und nützliche Mehrheitsbeschaffer trennt, darf sich über mangelnde Loyalität nicht wundern.

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