Die Armen bleiben arm, die Reichen werden immer reicher und die Mitte schrumpft. Der neue Armuts- und Reichtumsbericht aus dem Hause von Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen bestätigt die Entwicklung, die in Deutschland spätestens seit der Wiedervereinigung zu beobachten ist. Die Schere zwischen denen, die haben, und jenen, die kaum über die Runden kommen, geht immer weiter auseinander. Zum Teil ist diese Entwicklung sogar politisch gewollt, weil die Steuern gesenkt und der Niedriglohnbereich massiv ausgebaut wurden. Die Armut ist hausgemacht.
Die regierungsamtlichen Zahlen sind Wasser auf die Mühlen all derer, die eine stärkere Umverteilung von oben nach unten fordern. Union und FDP sollten dies nicht pauschal als Neiddebatte stigmatisieren, sondern sich offensiv des Themas annehmen, zumal es gerade ihre Wähler betrifft, die kleinen Arbeiter und Angestellten, die, gemessen an ihrem Einkommen, ohnehin die Hauptlast schultern. Es ist die Mitte, die das Gemeinwesen zusammenhält. Eine Gesellschaft aber, in der die einen trotz Vollzeitbeschäftigung kaum über die Runden kommen, während die anderen sich ihrer Verantwortung entziehen und von der Politik verschont werden, droht zu erodieren, weil der soziale Kitt verloren geht.