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Leitartikel: Ein Herz und eine Krone

Leitartikel

Ein Herz und eine Krone

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    Ein Herz und eine Krone
    Ein Herz und eine Krone

    Es begab sich, dass ein Baron träumte, König zu werden. Zumindest König der Medien. Er war eloquent, sah gut aus und hatte eine attraktive Ehefrau. Und wenn er in den Spiegel schaute, hätte sich kein Bürger gewundert, wenn er dann gehört hätte: „Du bist der Schönste im ganzen Land.“

    Karl-Theodor zu Guttenberg – und damit hört das Märchen schon auf – entschied sich bekanntlich für die Rolle des Plagiators. Glamour-Faktor ade. Eigentore mag selbst der größte Fan nicht.

    Das Erstaunliche war, dass die Medien zuvor den Nerv der Gesellschaft getroffen hatten. Ein Vorzeigepaar, offenbar auf der Suche nach dem, was zählt. Es gibt diese unausgesprochene Sehnsucht nach den Super-Paaren, spätestens seit John F. Kennedy und seiner Jackie.

    So viel Verehrung hält der Realität nicht stand. Zumal wir heute wissen, dass Kennedy sich viele Freuden außerhalb der Ehe gesucht hat.

    So gesehen ist der Polit-Adel nicht weit entfernt vom echten Blaublut. Beziehungskrisen, operettenhafte Auftritte und echte oder falsche Schwangerschaften beschäftigen Woche für Woche die Klatschblätter. Auch uns zugegebenermaßen, die wir samstags versuchen, auf der Seite „Panorama“ das Promi-Treiben zu durchleuchten.

    Die Königshäuser Europas sind Fixpunkte öffentlichen Interesses, so dauerhaft wie die Mauern von Schloss Balmoral, wo die Sippe von Queen Elizabeth des Sommers residiert. Obwohl viele Medienwissenschaftler und Soziologen sich wundern, wie sehr Leser der Boulevardpresse sich an banale Geschichten klammern – Royals kommen immer an.

    Das hat zu tun mit einem Sich-weg-Träumen aus der Wirklichkeit des grauen Alltags. Wer sich über die Begeisterung für Königshäuser lustig macht, unterschätzt das romantische Potenzial, das in den Palästen steckt. Die Traumhochzeit von Prinz William und Catherine war nichts anderes als die Verlängerung von Jungmädchenträumen. Und wer nicht gerührt war, als Audrey Hepburn als Prinzessin in dem Film „Ein Herz und eine Krone“ mit Gregory Peck durch Rom tobte, muss schon ein hartgesottener Kloß sein.

    Vor allem liefern Königshäuser den Medien die Blaupausen für Happy End wie Melodram: als aus dem fragilen Hitchcock-Star Grace Kelly die Fürstin Gracia Patricia von Monaco wurde, als Prinzessin Diana tödlich verunglückte.

    Aber sind heute nicht die Königshäuser in lebendigen Demokratien überflüssig, nur ein nostalgisches Relikt, stets schön herausgeputzt für Touristen aus aller Welt? Ein Ja wäre politisch korrekt.

    Zumal die Royals finanziell flott ausgestattet sind. Derzeit fließen etwa 46 Millionen Euro an Steuergeldern im Jahr ins britische Königshaus. Der spanische Hof kommt inklusive Reisen, Empfängen und Luxusflotte auf 60 Millionen Euro, wie es heißt. Doch der Ruhm von Spaniens Monarchie bröckelt wie die barocken Sandsteinkathedralen des Landes. Nur noch jeder zehnte Spanier hat „sehr viel“ Vertrauen ins Königshaus. Die Anklage des Schwiegersohns Inaki Urdangarín wegen Steuerhinterziehung passt da in das problematische Bild.

    Auch die Briten nörgeln über die teuren Windsors. Aber fragt man, ob sie lieber einen Präsidenten deutschen Zuschnitts wollen, antworten die Insulaner mit Nein. Zumal der finanzielle Beitrag pro Bürger sich im Pence-Bereich bewegt.

    Die deutsche Sehnsucht nach einem bewunderten royalen Ersatzpaar hat mit der Affäre Wulff Schiffbruch erlitten. Wichtiger ist es aber, den Bundespräsidenten als modernen Repräsentanten aller Deutschen zu verankern. Damit die These des Autors Ferdinand von Schirach nicht Wirklichkeit wird: der Bundespräsident als „Goethe-Institut auf zwei Beinen“.

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