Vielleicht ist es ja irgendwann früher einmal so gewesen, dass Essen einfach nur Energie liefern und satt machen musste. Heute hat Ernährung in jedem Falle eine ganz andere Dimension. Nein, nicht eine Dimension, sondern viele Dimensionen.
Da ist natürlich zuallererst eine gesundheitliche Dimension: Die Ernährung soll ein Beitrag sein, uns gesund zu erhalten. Das geht heute häufig schief – denn bekanntermaßen sind ernährungsabhängige Erkrankungen wie Fettsucht oder Diabetes weltweit auf dem Vormarsch. Die Kosten, die deren Behandlung verursacht, sind enorm und stellen die Gesellschaft und die Gesundheitssysteme vor immense Probleme.
Ernährung hat auch eine wirtschaftliche Dimension. An der Produktion und der Vermarktung von Lebensmitteln hängen zahllose Arbeitsplätze, um nur ein Beispiel zu nennen. Wie diese Arbeitsplätze aussehen, darüber entscheidet unser Essverhalten mit. Es entscheidet mit, ob Arbeitsplätze bei einer Schnellimbisskette entstehen oder in einem Öko-Betrieb.
Soziale und ökologische Aspekte
Hinzu kommen soziale und ökologische Aspekte. Wie wir essen, beeinflusst entscheidend unsere Umwelt – und damit möglicherweise auch maßgeblich die Zukunft unseres Planeten. Es beeinflusst darüber hinaus das Leben anderer Menschen in fernen Ländern, es ist mit ausschlaggebend dafür, ob sie hungern oder nicht.
Mit all diesen Dimensionen und ihren komplexen Vernetzungen befasst sich die Ernährungsökologie, ein noch relativ junges Fachgebiet im Rahmen der Ernährungswissenschaften, das auf eine Initiative an der Uni Gießen in den 1980er Jahren zurückgeht. Wissenschaftler dieses Fachgebietes haben Grundsätze für eine „nachhaltige“ Ernährung formuliert. Sie lauten: Bevorzugung pflanzlicher Lebensmittel in Form einer überwiegend lakto-vegetabilen Kost; Verbrauch von ökologisch erzeugten Lebensmitteln; Verwendung von regionalen und saisonalen Erzeugnissen; von gering verarbeiteten Lebensmitteln (reichlich Frischkost); von umweltverträglich verpackten Produkten; von fair gehandelten Lebensmitteln sowie genussvollen und bekömmlichen Speisen.
Entscheidung, auf Fleisch zu verzichten
Dass eine vorwiegend pflanzliche Kost empfohlen wird, hat gute Gründe und liegt nicht nur daran, dass man heute um die wertvollen und gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe von Obst und Gemüse weiß. Ein wachsender Appetit auf Fleisch in den vergangenen Jahrzehnten hat zahlreiche Probleme heraufbeschworen. Fleisch liefert eben nicht nur wertvolle Inhaltsstoffe, sondern auch solche, die – zumindest in größeren Mengen – durchaus unerwünscht sind und Krankheiten wie etwa die Arteriosklerose fördern. Seine Produktion verlangt einen hohen Einsatz. Und die Massentierhaltung, mit deren Hilfe der gewaltige Appetit auf Fleisch befriedigt wird, hat ihre Schattenseiten längst offenbart.
Früher einmal galten Vegetarier als seltsam und kränklich. Das hat sich geändert. Die Zahl der Menschen, die bewusst auf Fleisch verzichten, wächst; von etwa sechs Millionen hierzulande spricht der Vegetarierbund. Bei diesem Verzicht werden oftmals auch ethische Motive eine Rolle spielen. Denn dass Tiere keine „Ware“ sind, sondern Mitgeschöpfe, wird in der modernen „Tierproduktion“ leider oft vergessen.
Wer sich heute über all diese Dimensionen der Ernährung Gedanken macht, ist kein weltfremder Spinner. Die Entscheidung, auf Fleisch zu verzichten oder unter der Devise „Qualität vor Quantität“ zumindest den Konsum auf ein verträgliches Maß zurückzufahren, zeugt vielmehr von Verantwortungsbewusstsein und Weitblick.