Auf den Tag genau in einem Jahr wählt Bayern, und der lange, längst eröffnete Wahlkampf wird sich am Ende auf das Duell zweier Männer zuspitzen. Natürlich sind es nie die Spitzenkandidaten allein, die eine Wahl entscheiden – so oberflächlich sind die Bürger nicht, als dass sie die Programme und die Arbeitsbilanzen der Parteien außer Acht ließen und nur auf das Auftreten der Hauptdarsteller achteten. Und natürlich spielen, wie bei jeder Landtagswahl, auch die bundespolitische Großwetterlage und die Bewertung des Berliner Spitzenpersonals mit hinein – erst recht im Herbst 2013 mit der zwei Wochen später stattfindenden Bundestagswahl.
Da jedoch jeder Wahlkampf vom unmittelbaren Vergleich der führenden Protagonisten geprägt ist und sowohl die Personalisierung als auch die Inszenierung der Politik im Laufe der Jahre immer mehr zugenommen hat, hängen die Erfolgsaussichten jedenfalls der größeren Parteien in hohem Maße von der Attraktivität der Anwärter auf das Amt des Regierungschefs ab.
Horst Seehofer gegen Christian Ude: Das ist ein Duell, das neben einer gehörigen Portion Spannung auch einigen Unterhaltungswert verspricht. Beide sind populär und mit dem Talent zum Volkstribunen gesegnet, beide stehen im Zenit ihrer Laufbahn, beide verfügen in ihren Lagern über eine unangefochtene Führungsautorität. Der langjährige Münchner SPD-Oberbürgermeister Ude, der sein Herz für die Landespolitik erst spät entdeckt hat, will Geschichte schreiben als jener Mann, der die immerwährende Regentschaft der CSU beendet und die schwarze Festung Staatskanzlei gestürmt hat. Der CSU-Vorsitzende Seehofer kämpft gegen den drohenden Abstieg der CSU zu einer in die Opposition verbannten Regionalpartei, die zu spät auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert hat. Verteidigt Seehofer die Regierungsmacht oder erobert er gar die 2008 verlorene absolute Mehrheit zurück, wäre Seehofer ein Platz im Olymp der CSU sicher.
Für beide steht also viel auf dem Spiel, für Seehofer allerdings noch ungleich mehr als für Ude. Eine Niederlage Seehofers nämlich käme einem politischen Erdbeben gleich und besiegelte den Niedergang der Volkspartei CSU, während ein Scheitern Udes nur als weiteres Kapitel in einer nicht endenwollenden Geschichte von SPD-Niederlagen erschiene.
Ein Jahr vor der Wahl sieht es so aus, als ob sich die CSU auf bescheidenem Niveau stabilisiert hätte und Seehofer als Favorit ins Rennen ginge. Ude ist zweifellos der beste und gefährlichste Herausforderer, mit dem es die CSU seit vielen Jahren zu tun hat. Er hat seiner verzagten Partei Selbstbewusstsein eingeflößt und das Zeug dazu, eine Mehrheit gegen die CSU zu schmieden. Die erste Euphorie allerdings ist dahin, die SPD dümpelt in den Umfragen knapp über 20 Prozent, Ude hat es nun mit anderen Kalibern als Münchner Kommunalpolitikern zu tun. Man weiß vor allem nicht, was ein rot-grün-orangenes Bündnis (sofern die Freien Wähler überhaupt mitspielen) anstellen würde. Es gibt – noch? – keine Wechselstimmung in einem Land, das ja wirtschaftlich gut dasteht.
Womöglich befeuert der anhaltende Überdruss vieler Bürger an der ewigen Regierungspartei CSU und deren Kraftmeiereien am Ende Udes Machtwechsel-Kampagne. Aber zur Stunde deutet viel darauf hin, dass der in der Sache äußerst wendige Ministerpräsident sein Amt und die CSU gegen den Ansturm Udes retten kann – und sei es nur in einer Koalition mit der FDP, den Freien Wählern oder (gar nicht so abwegig!) der SPD. Entschieden freilich wird dieses Duell erst auf den letzten Metern.