Zu behaupten, Joanna Mucha hätte keine Ahnung von Sport, wäre wohl ungerecht. Polens Sportministerin hat immerhin einen schwarzen Gürtel in Karate. Beim Fußball dagegen wird ihre Fachkenntnis bedeutend dünner. Wer denn die Teams ausgesucht habe, wollte sie beim polnischen Supercup wissen. Dabei tritt in diesem Spiel immer der Landesmeister gegen den Pokalsieger an.
Sportministerin Joanna Mucha ist den Polen peinlich
Eigentlich hätte die hübsche 36-Jährige zum Gesicht der Fußball-EM werden sollen. Doch vielen im Co-Gastgeberland Polen ist ihre Ministerin mittlerweile nur noch peinlich. Im Internet kursieren Witze wie dieser, der auf die späte Fertigstellung der Warschauer EM-Arena anspielt: „Mucha steht vor einem halbfertigen Stadion und schüttelt den Kopf. Dann sagt sie: Macht nichts, wir können wenigstens eine Spielhälfte veranstalten.“
Doch all der Spott und die Häme können Mucha bislang wenig anhaben. Sie betont stets ihre Lernfähigkeit, das Organisationstalent und ihr Durchhaltevermögen – allesamt Qualitäten, die sie im Laufe ihres Lebens immer wieder unter Beweis gestellt hat.
Mucha stammt aus einfachen Verhältnissen
Mucha ist in einfachen Verhältnissen in der Kleinstadt Plonsk unweit von Warschau aufgewachsen. Ihre Mutter war Schneiderin, ihr Vater Bauarbeiter – und Mucha unternahm alles, um aus der Arbeiterklasse auszubrechen. Nachdem sie an der Schauspielschule gescheitert war, studierte sie in Warschau Wirtschaft, promovierte und wurde 2007 erstmals ins Parlament gewählt. Ihre steile Politkarriere beschleunigte sie dabei immer wieder mit aufreizenden Fotos in Magazinen, einmal sogar im Lara-Croft-Outfit mit hautengem Tanktop und Pistole in der Hand.
Als Abgeordnete wollte sich Mucha ursprünglich in der Gesundheitspolitik profilieren. Mit einem unglücklichen Interview, das so ausgelegt werden konnte, als wolle sie älteren Menschen teure Operationen verwehren, verbaute sie sich jedoch jede Aufstiegschance. Sie stand eigentlich schon vor dem politischen Aus – bis vor gut einem halben Jahr die Ernennung zur Sportministerin kam.
Vorwurf der Vetternwirtschaft
Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk wollte sein männlich dominiertes Kabinett etwas durchmischen. Mucha schien ihm dafür die Richtige zu sein: gebildet, mehrerer Fremdsprachen mächtig, durchsetzungsstark. Sie sollte in Polens korruptionsverseuchter Welt des Sports aufräumen. Doch das will noch nicht so richtig klappen. Vielleicht auch, weil sich Mucha selbst Vetternwirtschaft vorhalten lassen muss. In die Chefetage des nationalen Sportzentrums etwa berief sie statt eines Experten lieber ihren Friseur.