Das Wetter machte den Verantwortlichen einen dicken Strich durch die Rechnung. Eigentlich wollte der Kommodore des Lufttransportgeschwaders 61, Oberst Daniel Draken, mit einigen weiteren Passagieren vom Fliegerhorst Penzing aus in Richtung Niederstetten (Baden-Württemberg) fliegen, wo im Rahmen eines militärischen Appells die Aufgaben des Penzinger SAR-Hubschrauber endgültig vom Transporthubschrauberregiments 30 des Heeres übernommen wurden. Doch dichter Nebel am Fliegerhorst wie auch in Niederstetten verhinderte, dass die Transall abhob, sodass der feierliche Übergabeappell ohne die Gäste aus Landsberg stattfinden musste.
Dem Chef der SAR-Hubschrauber in Penzing, Oberstleutnant Marco Jurga, war die Anspannung im Gesicht abzulesen, als er frühmorgens kurz vor sieben Uhr in Ausgehuniform auf das SAR-Bereitschaftsgebäude zukam. Eigentlich sollte er den orangefarbenen Pilotenoverall tragen, um wenig später den letzten SAR-Hubschrauber von Penzing aus nach Niederstetten zu fliegen. So der Plan. Doch die SAR-Mission hatte bis zum gestrigen Tag Gültigkeit, und noch in der Nacht zum Dienstag musste die Besatzung zu einem Notfall starten. Ein Verkehrsunfall in der Nähe von Möttigen (bei Nördlingen) im Landkreis Donau-Ries. Vier Schwerverletzte – der letzte Einsatz. Da die Vorschriften aber für fliegende Besatzungen eine fest vorgeschriebene Ruhephase zwischen den Einsätzen vorsehen, war der gestrige Flug nach Niederstetten zeitlich nicht mehr möglich.
Der Kommandeur der Einsatzgruppe UH-1D verließ also den Fliegerhorst Penzing im Dienstauto, um rund dreieinhalb Stunden später beim Regimentsappell in Nieder-stetten von Regimentskommandeur Oberst Peter Göhringer von seinem Kommando entbunden zu werden.
Diesem Zeremoniell wollten neben dem LTG-Kommodore Oberst Daniel Draken unter anderem auch der Penzinger Garnisonsbürgermeister Johannes Ehrhard und Landsbergs Oberbürgermeister Mathias Neuner beiwohnen. Die Luftwaffe, frühere Heimat der SAR-Hubschrauberstaffel, hatte eine Transportmaschine Transall C-160 zur Verfügung, um die Festgäste nach Niederstetten zu bringen. Geplante Flugreisezeit: 25 Minuten. Dafür war allerdings am gestrigen Tag jede Menge Geduld bereits im Vorfeld gefragt. Denn der dichte Nebel in der Region machte einen Start zunächst unmöglich. Oberst Daniel Draken: „Auch in Niederstetten bot sich das gleiche Bild. Eine Landung war nicht möglich.“ Dann schienen sich die Bedingungen doch zu verbessern und die Transall samt Passagieren machte sich auf den Weg zum Rollfeld. Dann kam das endgültige Aus. OB Neuner konnte sich im Cockpit sitzend davon überzeugen: Die Sicht war gleich Null.
Oberstleutnant Jurga war inzwischen mit dem Auto in Niederstetten angekommen und bereit, das Kommando der Einsatzgruppe UH1-D an den Chef der neu aufgestellten 7. Staffel des Transporthubschrauberregiments 30, Major Michael Wagner, zu übergeben. Regimentskommandeur Oberst Peter Göhringer bedauerte dabei, dass er mit Marco Jurga einen „so erfrischenden Stabsoffizier“ wieder verlieren wird. Denn Oberstleutnant Jurga will wieder in den Schoß der Luftwaffe zurückkehren. Nachdem die Bell-Hubschrauber Anfang 2013 im Rahmen eines Fähigkeitstransfers von der Luftwaffe an das Heer überstellt worden waren, verblieb lediglich das SAR-Kommando unter der Führung von Marco Jurga als Einsatzgruppe UH-1D SAR am Standort in Penzing – vorübergehend und von da an zum Heer zugehörig.
„Als Luftwaffenoffizier von heute auf morgen gesagt zu bekommen, dass man seinen Dienst zwar weiter in Luftwaffenuniform und seiner gewohnten Umgebung in Penzing, aber zeitlich befristet unter der Führung des Heeres zu versehen hat, war sicher mehr als gewöhnungsbedürftig“, stellte der Oberst die doch großen Unterschiede zwischen den beiden Teilstreitkräften der Bundeswehr heraus.
Nachdem in Niederstetten Luftrettungsmeister ausgebildet und Piloten sowie Personal für spezielle SAR-Aufgaben qualifiziert wurden, war nun der Zeitpunkt der endgültigen Übernahme der Hubschrauber nach Niederstetten gekommen. Oberst Peter Göhringer: „Nur durch die Streckung auf der Zeitachse konnten heeresseitig die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, den SAR-Auftrag künftig ohne die Unterstützung von Kräften, Mitteln und Infrastruktur der Luftwaffe sicherzustellen.“ Nach mehrmaliger Verlängerung der Standzeit am Fliegerhorst ging nun das vier Jahre dauernde Kapitel des Übergangs zu Ende und gleichzeitig auch eine über 50-jährige Geschichte des SAR-Dienstes wie auch die Nutzung des Waffensystems Bell UH-1D in der Luftwaffe.