Die kirchlichen Aussagen zu Geschlechtsverkehr vor der Ehe, Homosexualität, zu den wiederverheirateten Geschiedenen und zur Geburtenregelung fänden bei den Gläubigen "kaum Akzeptanz oder werden überwiegend explizit abgelehnt", bilanziert die Deutsche Bischofskonferenz, die jetzt die kompletten Ergebnisse der Befragung in den 27 deutschen Diözesen und 20 katholischen Verbänden und Institutionen veröffentlichte.
Die vom Papst initiierte Umfrage unter allen Katholiken hat damit in Deutschland erhebliche Differenzen zwischen kirchlicher Lehre und tatsächlichem Leben der Gläubigen offenbart.
Zusammenleben ohne Trauschein ist meist üblich
Die Befragung dient der Vorbereitung der Bischofssynode zum Thema Familie vom 5. bis 19. Oktober im Vatikan. Katholische Laienorganisationen, darunter etwa die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands, hatten in den vergangenen Wochen eine Veröffentlichung der deutschen Umfrageergebnisse angemahnt.
Nach Einschätzung der Befragten leben 90 bis 100 Prozent der Paare, die um eine kirchliche Trauung bitten, oft schon mehrere Jahre zusammen. Die Katholiken in Deutschland akzeptierten ein solches Zusammenleben ohne große Vorbehalte, heißt es in der Mitteilung der Bischofskonferenz. Lediglich drei Prozent nähmen hier eine strikt ablehnende Haltung ein.
Auch Trauungen von Paaren, die bereits Kinder haben, nehmen zu. Dabei wird das Zusammenleben als allgemein übliche Vorstufe der Ehe betrachtet. Viele halten eine Eheschließung ohne voreheliches Zusammenleben gar für unverantwortlich.
Katholisches Familienbild: Für viele lebensfremd
Die kirchlichen Aussagen zu vorehelichem Geschlechtsverkehr, zur Homosexualität, zu wiederverheirateten Geschiedenen und zur Geburtenregelung finden bei den Gläubigen kaum Akzeptanz und werden überwiegend ausdrücklich abgelehnt. Das katholische Familienbild wirke auf viele zu idealistisch und lebensfern, heißt es in der Auswertung. Insbesondere die Vorgaben der Kirche zur Sexualmoral und zur Familienplanung, welche allein die natürliche Empfängnisverhütung zulassen, sind nur für sehr wenige Paare relevant.
Die kirchliche Sexualmoral werde als reine Verbotsmoral wahrgenommen und von der Argumentation und Sprache her als unverständlich und lebensfern betrachtet. Die Weigerung der Kirche, homosexuelle Lebenspartnerschaften gesellschaftlich und rechtlich anzuerkennen, wird darüber hinaus als Diskriminierung verstanden.
Insbesondere im Bereich der Sexual-, Ehe- und Familienethik gelte es, eine Ausdrucksform zu finden, die eine Befreiung vom Vorurteil der Leibfeindlichkeit und einer lebensfeindlichen Gesetzesethik ermögliche, heißt es in der von der Bischofskonferenz veröffentlichten Zusammenfassung der Antworten. Es komme darauf an, die zentrale Botschaft der Kirche von Ehe und Familie in ihrer unbedingten Bejahung des Lebens und des Leibes in einladender Weise zu vermitteln. dpa/AZ