Das Bürgerbegehren abgewendet, freie Bahn für die geplante Sanierung: Die frohe Botschaft der letzten Woche für das Theater Augsburg bedeutet freilich hinsichtlich des Spielbetriebs, dass Ensemble und Publikum sich nun auf Jahre hinaus mit Bühnenprovisorien abgeben müssen. Da das Große Haus bereits geschlossen ist, fand die erste Opernpremiere der Saison – wie bereits das „Nussknacker“-Ballett – in der Schwabenhalle auf dem Messegelände statt.
Der abgeteilte Funktionsraum mit seinen rund 700 Plätzen hat zwar Tücken: Die Klimaanlage rauscht, die Pulte des Orchesters, das vor der Bühne ebenerdig musiziert, bilden einen steten Lichtquell, auch muss der Dirigent höllisch aufpassen, dass er den Gesang nicht überdeckt. Trotzdem, die Akustik in der Schwabenhalle ist gar nicht übel, und die Augsburger Opern-Crew bietet auch keineswegs nur Spartheater, sondern wagt sogar technisch Anspruchsvolles wie Projektionen auf eine der Bühne vorgespannte Gaze.
Puccinis „Tosca“, die drastische Dreiecksgeschichte um das Künstlerpaar Cavaradossi/Tosca, das in die Fänge des Polizeichefs Scarpia gerät, darf jedenfalls auch in der Ausweichspielstätte als konzeptionell durchgearbeitete Produktion gelten. Der international renommierte Regisseur Nigel Lowery erzählt das Geschehen angenehm nah am Text, arbeitet insbesondere den Clash zwischen idealistischer Künstlerwelt und brutaler Realität heraus – schon bei den Kostümen kontrastieren Buntheit und Schwarz-Grau. Offenbar unter dem Eindruck der lokalen Sanierungsdebatte setzt Lowery der Handlung zum Finale einen spleenigen Clou auf: Tosca stürzt sich nicht librettogemäß von der Engelsburg, sondern vom Bühnenturm des Augsburger Theaters. Lebensgefährlich, dieses marode Haus, das sagen die Sanierungsbefürworter ja seit jeher.
Unter dem Dirigat des nur an wenigen Knotenpunkten des Geschehens richtig zupackenden Domonkos Héja entfaltet Ji-Woon Kim in Cavaradossis ariosen Momenten überzeugend tenorale Kraft und Schmelz, während er darstellerisch den standhaft freiheitsliebenden Künstler schuldig bleibt. Szenisch hat da Sally du Randt in der Titelpartie schon mehr zu bieten, bleibt jedoch in der vokalen Gestaltung diesmal allzu routiniert, was bei einer Sängerin wie ihr natürlich immer noch gehobenes Niveau bedeutet.
Die Sängerdarstellerkrone aber gebührt Werner van Mechelen für seinen Scarpia. Der Zynismus dieses Mannes, in dem sexuelle Gier und Lust an Grausamkeit zusammenschießen, die höhnische Doppelbödigkeit, die van Mechelen den Gesten wie den Stimmfarben mitzugeben imstande ist, das allein schon ist den Besuch der Aufführung wert.