Pornografie oder tiefsinnige Kunst: Nachdem Milo Moiré auf der Kunstmesse Art Cologne mit roter Farbe gefüllte Eier aus ihrer Vagina auf eine Leinwand fallen ließ, erhält sie nun sehr unterschiedliche Reaktionen. In Interview mit AZ-Online verrät die 32-Jährige, wie sie auf die Idee für die Perfomance "PlopEgg#1" gekommen ist - und warum sie dafür extra Bioeier benutzt hat.
Frau Moiré, welche Idee steckt hinter Ihrer Performance auf der Art Cologne?
Milo Moiré: Ich wollte den Kreislauf und die Geburt der Kunst darstellen. Das Gebären der Eier auf ein leeres Blatt war eine Art Schöpfungsakt. Mein Körper stellte die Basis für die Kunst dar, während die Eier Symbole waren.
Wie sind Sie auf die Idee für die Performance gekommen?
Moiré: Die Idee ist über ein Jahr gereift. Sie ist aus Tagträumen heraus entstanden. Als ich beim Frauenarzt auf dem Untersuchungsstuhl saß, war das die entscheidende Eingebung für das Thema Geburt. Die rote Farbe in den Eiern greift die Menstruation auf. So habe ich die Performance ausgearbeitet - und vor der Art Cologne natürlich auch geübt.
Hatten Sie denn keine Angst, dass die Eier in Ihnen zerbrechen könnten?
Moiré: Darüber habe ich mir viele Gedanken gemacht und mich vorher intensiv informiert. Schließlich wollte ich nicht, dass die giftige Acrylfarbe in meiner Vagina ausläuft. Am Ende habe ich extra Bioeier gewählt, da die eine dicke Schale haben. Es hat mich dann auch überrascht, wie robust Eier eigentlich sind.
Erst Hemmungen - dann ein Gefühl der Stärke
Wie viele Hemmungen hatten Sie vor Ihrem Auftritt auf der Art Cologne?
Moiré: Ich musste mich schon überwinden. So ist das immer als Außenseiter, wenn man etwas anderes macht als alle anderen. Aber bei der Performance selbst hatte ich ein Gefühl der Stärke. Wobei ich auch so auf die Kunst konzentriert war, dass ich von den Reaktionen der Zuschauer nichts mitbekommen habe.
Aber nach der Performance hat es an Reaktionen ja dann nicht mehr gefehlt.
Moiré: Auf der Art Cologne habe ich ehrlich gesagt nur wenig Rückmeldung bekommen. Für das Fachpublikum dort war das keine allzu außergewöhnliche Performance. Als die Darstellung dann in den Medien bekannt wurde, tröpfelten auf einmal immer mehr Reaktionen bei mir ein. Manche haben meine Absicht verstanden und auf fachlicher Ebene mit mir diskutiert. Andere haben in der Performance einfach nur Pornografie gesehen. Aber das ist auch in Ordnung. Kunst regt an und soll von bekannten Schemata wegführen. Für mich ist wichtig, Nacktheit nicht einfach mit einem Etikett zu versehen.
Es ist schwer, von der Performance-Kunst zu leben
Hat jemand die Leinwand gekauft, auf die Sie die Eier fallen ließen?
Moiré: Die ist noch bei mir, aber es gibt schon mehrere Interessenten. Dabei handelt es sich nicht nur um Privatpersonen. Auch Galerien wollen die Leinwand gerne ausstellen. Ein Preis möchte ich an dieser Stelle aber nicht nennen.
Können Sie denn von Ihrer Kunst leben?
Moiré: Ja, ich brauche nebenher keinen Job. Aber es is natürlich schwierig, mit der Performance-Kunst Geld zu verdienen. Ich male zwar auch und forme Skulpturen, aber meistens stelle ich mit meinem Körper etwas dar. Dann gibt es kein Produkt, das ich verkaufen könnte. Aber ich biete beispielsweise Videos von meinen Auftritten an - darunter auch ein unzensiertes von der PlopEgg-Performance.
Wann haben Sie mit der Kunst angefangen?
Moiré: Schon im Kindergarten habe ich lieber gemalt, als mit Puppen zu spielen. Ich habe in der Schweiz zwar Psychologie studiert und auch mein Diplom gemacht. Aber danach stand für mich fest, dass ich etwas Künstlerisches machen möchte. Bei meinen Performances ist mir wichtig, dass meine Kunst nicht an Materialien gebunden ist - außer an meinen Körper. Mittlerweile bin ich aus der Schweiz nach Deutschland gezogen und arbeite hier an meinen nächsten Projekten.
Nackt in der Düsseldorfer U-Bahn
Was planen Sie denn als Nächstes?
Moiré: Ich habe mich im vergangenen Jahr schon für eine Performance nackt in die Düsseldorfer U-Bahn gesetzt. Das möchte ich bald noch einmal in einer größeren Stadt wiederholen. Ich habe schon Orte dafür im Kopf - aber die verrate ich vorher nicht.
Worum geht es bei dieser Performance?
Moiré: Es geht darum, automatisierte Handlungsabläufe zu durchbrechen. Die U-Bahn-Fahrt zur Arbeit ist für viele Menschen so alltäglich, dass sie ihre Umwelt kaum noch wahrnehmen. Das wollte ich im vergangenen Jahr in Düsseldorf ändern, indem ich einfach mal nackt mitgefahren bin. Das Ergebnis war sehr interessant: Viele Menschen haben mich gar nicht wahrgenommen, während die anderen beschämt wegguckten. Angesprochen hat mich während der ganzen Performance niemand.