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"Das hier ist jetzt Westen" - Ring-Uraufführung "OstOstOst"

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"Das hier ist jetzt Westen" - Ring-Uraufführung "OstOstOst"

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    «Das hier ist jetzt Westen» - Ring-Uraufführung «OstOstOst»
    «Das hier ist jetzt Westen» - Ring-Uraufführung «OstOstOst» Foto: DPA

    Es ist diese Szene, die sich zigtausendfach im wiedervereinten Deutschland zugetragen hat und mit der das Stück "Heimsuchung" am Theater Gera endet. Zuvor werden rund 100 Jahre deutsche Geschichte anhand dieses Hauses und seiner Bewohner erzählt, am Ende steht der Abriss.

    Die Bühnenadaption von Jenny Erpenbecks Roman ist Teil der Ring- Uraufführung "OstOstOst", die in Gera, Magdeburg und Chemnitz gefeiert wurde: Drei Tage, drei Städte, drei Stücke. Dabei wurden ganz unterschiedliche Blickwinkel auf 20 Jahre Deutsche Einheit geboten.

    Mit reichlich Groteske und Absurdität widmete sich das Theater Magdeburg dem Blick der Polen auf den politischen Umbruch. "Das Ende der Welt" der Polin Malgorzata Sikorska-Miszczuk zeigt den Versuch, sich 20 Jahre nach dem Zusammenbruch des Ostblocks gegen eine "Geschichtsfälschung" zu wehren. Den Polen ist suspekt, dass die Deutschen den Fall des Eisernen Vorhangs so stark für sich reklamieren. Der Auftrag eines Geheimagenten an eine Filmproduzentin lautet: Eine polnische Durchschnittsfamilie muss als Kommission "richtigstellen, was richtig zu stellen ist". Die Zuschauer sehen auf der Bühne und via Fernsehbildschirm die Inszenierung der polnischen Familie.

    Doch der Plan für die mediale Aufklärung geht gründlich schief, als die Familie aus dem Drehbuch ausbricht. Die Schwester sieht in jedem Deutschen einen Kriegsverbrecher und wird von der Produzentin geknebelt, der Schuhe produzierende Bruder wettert nur gegen die billige chinesische Konkurrenz. Ein Fünfjähriger, der von einem bärtigen Schauspieler in quietschbuntem Schlafanzug verkörpert wird, leidet unter einem Burn-Out-Syndrom. Regisseurin Nina Gühlstorff gelang eine lebendige Inszenierung, die unterhält, teils nachdenklich stimmt, den Zuschauer aber auch mit Fragen zurücklässt.

    Ebenfalls mit viel Beifall bedacht wurde die Chemnitzer Trilogie "Was vom Westen übrig blieb". In drei ineinander übergehenden Mini- Stücken von Leipziger Literaturstudenten agierten fünf Schauspieler in wechselnden Welten - als Bewohner einer Studenten-WG, Radioreporter oder ehemalige Zwangsprostituierte. Vor allem Julia Dathes "Fickfleisch" sprüht vor Witz. Zweieinhalb Strophen "Kleine weiße Friedenstaube" sind zu hören, gesungen von einer zur Wiedervereinigung gerade einmal Zweijährigen. Während sich die WG an Dope und Ost/West-Erinnerungen berauscht, stürmen Demonstranten draußen eine offizielle Wende-Feier.

    In Mirko Wenigs "Jasminblüte" ist es ein zum Hausmeister degradierter früherer DDR-Jurist, der Widerstand leistet und den Fall eines Kinderbordells aufgeklärt haben will, in dem Anfang der 90er Jahre hochrangige Juristen verkehrt haben sollen. Das mutige Stück orientiert sich offen an der "Sachsensumpf"-Affäre, mit der sich auch ein Untersuchungsausschuss des sächsischen Landtags befasst hatte. Der Fall wühlt auf und stellt die Unabhängigkeit der Justiz infrage.

    Das Theater Gera hat derweil mit Erpenbecks Roman von 2008 auf Bewährtes gesetzt. Das Stück spannt sich über vier Generationen angefangen beim Großgrundbesitzer, der das Land aufteilt, über den Architekten, der sich in der Nazi-Zeit das Grundstück eines Juden unter den Nagel reißt, den Rotarmisten, der zu Kriegsende in das Haus kommt, und die Schriftstellerin, die dort zu DDR-Zeiten wohnt. Als Klammer zwischen den Bewohnern dient der stumme Gärtner, der kurz vor dem Abriss urplötzlich verschwunden ist.

    Anja Gronau packt das Ganze in eine Inszenierung von nur anderthalb Stunden und kommt mit sechs Schauspielern aus, die zwischendurch auch fantasievoll als Bäume im Garten oder Möbel herhalten. Die Reaktion des Premierenpublikums war jedoch eher verhalten. Wem der Roman nicht vertraut ist, der hatte wohl Mühe den kompakten Handlungen zu folgen.

    Bis Sonntag sind die drei Produktionen reihum auch in den jeweils anderen beiden Städten zu sehen, danach im regulären Spielplan ihrer Heimspielstätten.

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