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Sanierung: Behandlung von Benefiziatenhaus beendet

Sanierung

Behandlung von Benefiziatenhaus beendet

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    Ein Großteil des mächtigen Gebälks im Dachstuhl konnte im Originalzustand erhalten werden.
    Ein Großteil des mächtigen Gebälks im Dachstuhl konnte im Originalzustand erhalten werden.

    Babenhausen Eines der ältesten Gebäude im Fuggermarkt, das sogenannte Benefiziatenhaus an der Kolpingstraße, erstrahlt nach fünfjähriger Sanierungsarbeit in neuem Glanz.

    Eine Inschrift im Dachgebälk verrät, dass der Dachstuhl im Jahr 1748 vom Zimmermann Augustin Kreuzer, der im benachbarten „Luginsland“ gewohnt hatte, aufgerichtet worden war. Über Jahrhunderte diente das Gebäude kirchlichen Zwecken. So waren dort Amts- und Ministrantenräume beheimatet oder es diente als Wohnraum für Pfarrer und Benefiziaten. Nach der Generalsanierung wird nun dort eine Arztpraxis eröffnet.

    Gebäude stand kurz vor dem Zusammenbruch

    Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte war das historische Gebäude immer mehr heruntergekommen und stand vor dem endgültigen Zusammenbruch. Wie im Märchen von Dornröschen wurde es vor fünf Jahren wieder „wachgeküsst“ – in diesem Fall von Dr. Barbara Kreuzpointner. Nach „zähen Verhandlungen“ mit der Diözese, der Besitzerin des Gebäudes, gelang es ihr, das Benefiziatenhaus zu kaufen. Allerdings wurde im Kaufvertrag detailliert festgelegt, dass die zukünftige Nutzung mit der katholischen Soziallehre vereinbar sein müsse. Im Klartext heißt das unter anderem, dass keine Abtreibungspraxis, kein Imam oder gar ein Bordell Einzug halten darf. Außerdem müsse das Glockengeläut des benachbarten Kirchturms ebenso geduldet werden wie vorbei gehende Prozessionen.

    Danach ging die eigentliche Arbeit in dem von Pfarrer und Dekan Georg Balthasar Thanner, der 44 Jahre als Pfarrherr in Babenhausen wirkte, erst richtig los. Ein Epitaph an der Mauer der Friedhofskapelle erinnert noch an diesen am 6. November 1756 verstorbenen Geistlichen. Dieser hatte den Baumeister Johann Georg Beer beauftragt, das Gebäude mit „hohen Räumen und tollen Proportionen“ zu schaffen, so Kreuzpointner. Überhaupt demonstriert Barbara Kreuzpointner, die auch Vorsitzende des Historischen Vereins ist, mit der Sanierung praktischen Denkmalschutz an einem „sehr schönen Gebäude“.

    Stets waren in die Arbeiten Denkmalschutzexperten und Handwerker mit eingebunden, die für eine sachgerechte Ausführung sorgten. Doch in erster Linie blieb Handarbeit. So arbeiteten Barbara Kreuzpointner zusammen mit Mann und Sohn rund 1500 Stunden in und um das Benefiziatenhaus. Beispielsweise galt es, den „Dschungel“ hinter dem Haus zu roden, wobei allein über 200 Schubkarren voller Grüngut herausgefahren werden mussten. Nach und nach entstand dort ein „Barockgarten“, an dessen Wegekreuz ein Engel geigt – Hinweis auf das musikalische Hobby der Bauherrin. Eine neu geschichtete Schiefermauer kaschiert eine eingezogene Stützmauer stilgerecht.

    Noch mehr Arbeit wartete aber im Gebäudeinneren. Rund 85 Tonnen Altmaterial wurde mit Kübeln herausgetragen. Und so wurde Schicht für Schicht ein rund zehn Zentimeter hoher Belag aus schwarzem Fließ, Kokosmatten und Pegulan abgetragen, bis letztendlich Solnhofer Platten aus der Erbauerzeit zum Vorschein kamen. Diese erfüllen heute als Fußbodenbelag wieder ihre originale Funktion. Doch auch zehn Kübel mit Nägeln aus „allen Bauzeiten“ mussten entsorgt werden. Bei aller Sucharbeit konnte aber „leider kein Schatz“ gehoben werden – da offensichtlich keiner versteckt war.

    Dagegen kamen im früher als „Lachagruba“ genutzten Hohlraum unter dem „Abtritt“, im Volksmund Plumpsklo genannt, einige Tonscherben ans Tageslicht. Doch auch eine alte Gürtelschnalle, ein aus dem Ende des 18. Jahrhunderts stammendes Kreuzchen, eine Blechkrone und ein Frauenhäubchen befanden sich unter den Fundstücken, ebenso wie ein Schildchen mit der Aufschrift „Gew. vom Kath. Gesellenverein Kriegshaber – Treu Kolping“.

    Unter der Treppe Knochen gefunden

    Für kurzfristige Aufregung sorgte – nicht nur beim Ehemann und Oberstaatsanwalt Johann Kreuzpointner – ein Knochenfund unter der Treppe, der allerdings eindeutig einem Tier und keinem Menschen zuzuordnen war. Im Vorratsraum entdeckte die Bauherrin neben Torfbriketts auch einen „toten Ratz“. Ob der dort wohl verhungert war?

    Das Dachgebälk ist weitgehend noch im Originalzustand. Dabei wurden nur die Holzteile erneuert, die aus statischen Gründen ersetzt werden mussten. Zudem wurde eine neue Lattung aufgebracht. Eindeutig sind auch die Brandspuren in der Nordostecke. Jedoch finden sich in keinem Archiv Hinweise auf einen Brand.

    Für einigen Diskussionsstoff in der Bevölkerung sorgte inzwischen der neue Putz, der eindeutige Flecken aufweist. Entgegen anderer Mutmaßungen handelt es sich dabei um keine Wasserschäden, die auf eine mangelhafte Drainage hindeuten würden. Vielmehr wurden über Jahrzehnte, so Dr. Johann Kreuzpointner, im Mauerwerk „Salze eingemauert“, die nun nach außen dringen.

    Es war von Anfang an geplant, diesen „Opferputz“ anzubringen. Dieser soll, nachdem sich das Mauerwerk komplett erholt hat, voraussichtlich im nächsten Jahr erneuert werden. Ansonsten ist das Haus „nusstrocken“.

    Nachdem allein „fünf Mal der letzte Container“ für die Entsorgung der Altlasten geordert worden war, ist nun die Sanierung endgültig abgeschlossen. Barbara Kreuzpointner will nicht verhehlen, dass dabei einige Kompromisse zwischen historischer Substanz, moderner Nutzung und finanzieller Machbarkeit geschlossen werden mussten. Ein Lob ging dabei an alle am Bau beteiligten Handwerker, aber auch an die Genehmigungsbehörden, Zuschussgeber und an das Denkmalschutzamt für die „reibungslose und unkomplizierte Zusammenarbeit“.

    So steht nun dem Einzug der homöopathischen Praxis von Barbara Kreuzpointner nichts mehr im Weg.

    Und in diesem Zusammenhang kann auch das Rätsel des Männerkopfes, der aus dem Fenster links der Eingangstüre herausschaut, gelüftet werden. Es handelt sich um Samuel Hahnemann, den Begründer der Homöopathie. Dessen Geburtsjahr fällt zudem in die Entstehungszeit des Benefiziatenhauses.

    Übrigens stammt diese Büste aus der Hand von Gernot Baur, dem Inhaber des gleichnamigen Babenhauser Kachelofen- und Keramikstudios.

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