Das mit dem Antibiotikum Chloramphenicol belastete Weißwasser der Firma Ehrmann wurde auch an Schweine im Landkreis Günzburg verfüttert. Das bestätigte Staatsanwalt Andreas Rossa auf Anfrage unserer Zeitung. Die Staatsanwaltschaft Memmingen hat ein Ermittlungsverfahren gegen das Unternehmen eingeleitet. Im Landkreis Günzburg, so Rossa, mussten acht Schweinemastbetriebe gesperrt werden. Das Futter und die Tiere wurden untersucht. „In drei Betrieben waren die Proben positiv“, sagte Rossa.
Angaben zu einzelnen Landkreisen machte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Erlangen nicht. Nach Informationen unserer Zeitung waren auf fünf Höfen im Landkreis weder das Futter noch der Urin der Schweine belastet. In einem Betrieb wurde Chloramphenicol im Futter, aber nicht in den Tieren nachgewiesen. Und in zwei Schweinemastbetrieben im nördlichen und südlichen Landkreis waren sowohl das Weißwasser - ein Restprodukt in Molkereien, das an in der Mast verfüttert wird - als auch der Urin der Schweine mit Chloramphenicol belastet. Betroffen sind nach GZ-Informationen etwa 2400 Schweine. Das Fleisch dieser Tiere darf nicht verzehrt werden. Dies bedeutet, dass sie nun aller Wahrscheinlichkeit nach getötet werden. Im dritten Betrieb, bei dem nur das Futter belastet war, werden die etwa 1300 Schweine weiter untersucht. Wenn auch dann kein Chloramphenicol nachgewiesen werden kann, dürfen sie weiterleben.
Was ist Chloramphenicol?
Chloramphenicol ist ein Breitbandantibiotikum, das seit über 60 Jahren in der Tier- und Humanmedizin eingesetzt wird. Es darf nicht an Tiere verabreicht werden, die der Lebensmittelgewinnung dienen. Als Ursache für die Kontamination des Futtermittels hat das Bayerische Landesamt für Gesundheit- und Lebensmittelsicherheit (LGL) Laborabfälle der Firma Ehrmann (Oberegg, Unterallgäu) ermittelt, die unsachgemäß entsorgt wurden. So gelangten Spuren des Antibiotikums in das Weißwasser, das in der Molkerei anfällt und noch Milchbestandteile enthält.
Seit 1994 ist Chloramphenicol für die Anwendung bei Tieren, die der Lebensmittelproduktion dienen, verboten. Bei der Anwendung als Arzneimittel beim Menschen könne in seltenen Fällen eine aplastische Anämie (Sonderform der Blutarmut) auftreten. „Die Substanz wird auch verdächtigt, dass sie toxisch und krebserregend sein könnte“, erläutert der Günzburger Veterinäramtsleiter Schmid.
Ein gesundheitliches Risiko für Verbraucher schließt das LGL aus. Nach den bisher vorliegenden Untersuchungsergebnissen seien – wenn überhaupt – nur sehr geringe Konzentrationen im Spurenbereich nachgewiesen worden. Diese lägen milliardenfach unterhalb der beim Menschen therapeutisch wirksamen Menge. Eine Überprüfung vor Ort durch die Spezialeinheit Lebensmittelsicherheit habe ergeben, dass aufgrund der technischen Gegebenheiten eine Kontamination von Lebensmitteln aus der Molkerei ausgeschlossen sei. (gz, bv)