Auch dieses Jahr gibt es sie wieder: Adventskalender mit Mineralölbestandteilen in der Schokolade. In drei untersuchten Kalendern hat das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) geringe Mengen sogenannter aromatischer Kohlenwasserstoffe nachgewiesen.
Diese stehen im Verdacht, gesundheitsgefährdende Stoffe zu enthalten. Das teilte die Behörde gestern auf Drängen der Verbraucherorganisation Foodwatch mit. Während Foodwatch vor dem Verzehr der Schokolade aus belasteten Adventskalendern warnt, geben die Behörde und Vertreter der Lebensmittelindustrie Entwarnung.
Mineralöl in Lebensmitteln sind potentiell krebserregend
Der Verzehr von Schokolade aus dem Adventskalender gebe auf Grundlage der vorliegenden Ergebnisse „keinen Anlass zur Besorgnis“, teilte das LGL auf seiner Internetseite mit und verwies dabei auf die übliche Verzehrmenge: ein Stück pro Tag an 24 Tagen im Jahr. Untersucht hatte das Amt insgesamt fünf Kalender, die bereits im vergangenen Jahr mit Mineralöl verunreinigt waren. Mineralölrückstände in Lebensmitteln sind nach Einschätzung des Bundesinstitut für Risikobewertung grundsätzlich unerwünscht. Einen gesetzlichen Grenzwert gibt es bisher aber noch nicht.
Doch wie kann eigentlich Mineralöl in Schokolade für den Adventskalender gelangen? Zum Beispiel aus recycelten Kartons. Für die Herstellung wird bedrucktes Altpapier verwendet, die Druckfarben können Mineralöle enthalten. Diese können von der Verpackung auf die Schokolade übergehen. Im aktuellen Test wurden allerdings nur Frischfaserkartons für die Adventskalender verwendet. Es kann auch bei der Produktion zu Verunreinigungen kommen, etwa über Schmiermittel von Maschinen. Und manche Jutesäcke, in denen Kakaobohnen transportiert werden, können mit Mineralölen imprägniert sein.
Nach Angaben von Foodwatch wurde jetzt in allen fünf Adventskalendern erneut Mineralöl nachgewiesen. Drei der Produkte seien mit „potenziell krebserregenden und erbgutschädigenden aromatischen Mineralölen belastet“, teilt die Verbraucherorganisation mit. Es handle sich um die Produkte „Santa Claus in town“ von Netto sowie die Adventskalender „Goldora Weihnachtsmann mit Schlitten“ und „Goldora Weihnachtsmann mit Tieren“.
Es gibt seit Jahren belastete Adventskalender auf dem Markt
Foodwatch warnt nun vor dem Verzehr der Schokolade und fordert Hersteller, Handel und Behörden auf, die belasteten Adventskalender aus dem Verkauf zu nehmen. Des Weiteren verlangt die Organisation einen öffentlichen Rückruf der Kalender. „Eine Belastung mit aromatischen Mineralölen ist insbesondere für Kinder unzumutbar. Wir erwarten jetzt konsequentes Handeln zum Schutz der Gesundheit“, sagt Johannes Heeg von Foodwatch.
Dem LGL wirft Foodwatch vor, die Gesundheitsgefährdung durch die belasteten Adventskalender zu verharmlosen. „Die Beschwichtigungen der bayerischen Behörde sind von der Wissenschaft nicht gedeckt und im Sinne des Gesundheitsschutzes inakzeptabel“, sagt Heeg. „Die Tests zeigen erneut, dass die Lebensmittelbranche das Mineralölproblem nicht entschieden genug angeht, solange der Gesetzgeber sie dazu nicht zwingt. Sichere Grenzwerte und geeignete Verpackungsmaterialien müssen umgehend gesetzlich vorgeschrieben werden.“
Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) spiele weiterhin die Rolle des unbeteiligten Zuschauers. Dass Jahre nach Bekanntwerden des Problems immer noch belastete Adventskalender auf den Markt kommen, sei ein „gemeinschaftliches Versagen von Herstellern und Politik“, sagt Heeg.
Auch der Verbraucherschutzexperte der SPD im bayerischen Landtag, Florian von Brunn, fordert nun, alle belasteten Produkte sofort vom Markt zu nehmen. Das Problem von Mineralölrückständen in Adventskalendern sei seit mindestens 2012 bekannt. Damals hatte die Stiftung Warentest Verunreinigungen festgestellt. Von Brunn kritisiert auch, dass nur fünf Kalender getestet wurden.
Mineralöl im Adventskalender: Werden so Konsumenten verunsichert?
Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebenmittelkunde (BLL) weist die Bedenken zurück. Richtig sei zwar, dass Mineralöl-Stoffgemische in Lebensmitteln unerwünscht seien, da sie gesundheitlich bedenkliche Substanzen beinhalten könnten. „Falsch ist jedoch, dass die wenigen Produkte, in denen nach den erfolgreichen Minimierungsmaßnahmen der Lebensmittelbranche überhaupt noch Rückstände nachweisbar sind, eine Gesundheitsgefährdung der Konsumenten darstellen“, teilt der Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft mit.
„Die Schokolade in den Adventskalendern kann bedenkenlos von Kindern und Erwachsenen verzehrt werden. Würde eine Gesundheitsgefahr bestehen, würden sowohl Hersteller als auch die amtliche Lebensmittelüberwachung sofort mit einem Rückruf reagieren“, sagt BLL-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff. Der Verbraucherorganisation Foodwatch wirft er vor, die Konsumenten unangemessen zu verunsichern. (mit dpa)