Schon früh kommen Kinder heute mit der großen, weiten Medienwelt in Kontakt: Ob vor dem Fernseher, am heimischen Computer oder über das Smartphone der Eltern. Besonders beliebt ist die Video-Plattform YouTube. Dabei ließ sich bislang nur schwer vermeiden, dass der Nachwuchs Videos zu sehen bekommt, die nicht kindgerecht sein. Eine neue App, die jetzt auch in Deutschland erschienen ist, soll das Problem nun beheben: YouTube Kids.
Was ist YouTube Kids?
Die Videoplattform YouTube hat eine App speziell für jüngere Zuschauer entwickelt. In der für Android und iOS erhältlichen Anwendung finden sich dem Unternehmen zufolge zahlreiche altersgerechte Inhalte wie Lernvideos, Kinderlieder oder kindgerechte Serien. Eltern können diverse Sicherheitseinstellungen vornehmen, wie die Suchfunktion ausblenden, über einen Timer ein Zeitlimit festlegen und zwischen mehreren Altersstufen wählen. Algorithmen suchen nach passenden Videos. Sollte ein Kind dennoch einmal auf ein nicht altersgerechtes Video stoßen, können Eltern dieses melden.
Wird bei YouTube Kids Werbung eingeblendet?
Wie auf der Video-Plattform YouTube wird auch bei YouTube Kids bezahlte Werbung eingeblendet - allerdings muss diese bestimmte Kriterien erfüllen. So sind beispielsweise Werbeanzeigen für Lebensmittel und Getränke, für Inhalte mit Altersbeschränkung, für Beauty- und Fitness-Produkte sowie politische und religiöse Werbeanzeigen auf YouTube Kids nicht zulässig.
Videos, die ein Nutzer hochgeladen hat, gelten bei YouTube Kids grundsätzlich nicht als bezahlte Werbung. Unabhängig von der Art der Inhalte unterliegen diese nicht den Werberichtlinien. So kann vorkommen, dass Kinder Werbespots zu sehen bekommen, die in eine der nicht zulässigen Kategorien fallen. Ein Beispiel: Für das Suchwort "Kekse" könnte zum Beispiel ein TV-Spot für eine Keksmarke als Suchergebnis auftauchen, der als normales Video auf einem YouTube-Nutzerkanal hochgeladen wurde. Damit unterliegt dieser nicht den Werberichtlinien, die bezahlte Werbung für Lebensmittel verbieten.
Was sagen Medienpädagogen zu YouTube Kids?
Anja Zimmermann arbeitet für jugendschutz.net, einem Kompetenzzentrum von Bund und Ländern, das auf den Jugendschutz im Internet spezialisiert ist. Zimmermann hält YouTube Kids für eine gute Idee: "Wir von jugendschutz.net bewerten positiv, dass sich endlich einer der großen Mediendienste der Herausforderung gestellt hat, ein Kinderangebot zu gestalten. Bisher haben viele Kinder gezwungenermaßen die Angebote genutzt, die sich eigentlich an Erwachsene richten. Jetzt gibt es eine altersgerechte Alternative.“
Dennoch sollten Eltern ihre Kinder nicht einfach vor YouTube Kids "parken", auch wenn das Angebot kindgerechte Inhalte verspricht, sagt Zimmermann: "Begleitung bei der Mediennutzung ist immer notwendig und sinnvoll. Es kann immer mal passieren, dass ein Inhalt das Kind erschreckt. Da ist es besser, wenn Eltern in direkter Nähe sind, um eingreifen und das ganze abfedern zu können." Auch, wenn technische Probleme auftauchen oder fälschlicherweise ein Video erscheint, das nicht altersgerecht ist, müssen Eltern eingreifen.
Dieser Meinung ist auch Nicole Lohfink von der Medienstelle Augsburg: "Gerade, was die Qualitätsbewertung angeht, müssen Eltern sich einklinken. Ist der Inhalt geeignet für das Alter meines Kindes? Sind kommerzielle Inhalte eingebettet? Und wie sieht es aus mit dem Thema Kinder und Datenschutz?" Für pädagogische Einschätzungen und Hinweise zu Videos und Apps für Kindern empfiehlt sie Angebote wie Flimmo oder die Datenbank des deutschen Jugendinstituts.
Wie lange darf mein Kind pro Tag vor dem Bildschirm sitzen?
Keine einfache Frage, findet Anja Zimmermann von jugendschutz.net: "Wir sind der Meinung, dass die Mediennutzungszeit auf jedes Kind individuell abgestimmt sein sollte. Eltern kennen ihr Kind am besten, sie wissen, wie viel Mediennutzung pro Tag in Ordnung ist." Dennoch seien Alternativangebote wichtig. "Eltern sollten ihr Kind nicht vor dem Fernseher parken, ein Ausgleich zur Mediennutzung und andere Hobbys dürfen nicht zu kurz kommen.“
Die Initiative "Schau hin", ein Elternratgeber zur Mediennutzung, empfiehlt folgende Richtwerte:
- bis fünf Jahre: bis eine halbe Stunde am Stück
- sechs bis neun Jahre: bis zu einer Stunde am Stück
Als eine andere Orientierung gilt der Initiative zufolge ein Limit der Medienzeit von zehn Minuten pro Lebensjahr am Tag oder eine Stunde pro Lebensjahr in der Woche. Das wären bei einem vierjährigen Kind 40 Minuten pro Tag oder vier Stunden pro Woche.
Nicole Lohfink betont allerdings, dass so eine pauschale Begrenzung auch zu Schwierigkeiten führen kann. Zur Verdeutlichung zieht sie einen Vergleich zu anderen Aktivitäten: "Wie lange darf mein Kind draußen Fußball spielen? Zwölf Stunden am Stück sind sicherlich ungesund. Wenn das Kind aber kurz vor Ende des Spiels abbrechen muss, weil die tägliche Fußball-Stunde vorbei ist, führt das auch zu Frustrationen." Ähnlich sei es bei der Mediennutzung: "Das Wichtige ist, eine sinnvolle Balance zu halten."
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