Im hektischen Nachrichtengeschäft sind Witz und Wahrheit manchmal schwer zu unterscheiden. Das hat sich das Satire-Magazin „Der Postillon“ zunutze gemacht und ein kurioses Verwirrspiel um Ronald Pofalla und die Glaubwürdigkeit der Medien inszeniert.
Die „Saarbrücker Zeitung“ hatte am Donnerstag als Erstes über den möglichen Wechsel von Pofalla zur Bahn
. Nachrichtenagenturen und Online-Portale griffen das Thema auf, bekamen für den Wechsel aber noch keine offizielle Bestätigung.Dann veröffentlichte „Postillon“-Betreiber Stefan Sichermann seinen Bericht. „Exklusiv: Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla wechselt in den Vorstand der Deutschen Bahn“ schrieb auch er in seinem Online-Magazin. Der Unterschied: Er datierte die Meldung auf Mittwoch, 1. Januar, vor – und schob den Satz nach: „Update Donnerstag, 17:01 Uhr: Inzwischen berichten auch zahlreiche andere Medien.“
Für den flüchtigen Leser sah es also so aus, als habe das Satire-Blog diese Meldung am Mittwoch erfunden – und praktisch alle Medien und Nachrichtenagenturen seien auf den Schwindel hereingefallen.
„Ihr seid auf den Postillon hereingefallen“
Der mit mehreren Preisen ausgezeichnete „Postillon“ wird täglich von vielen tausend Lesern besucht. So kam es, wie es kommen musste. Die Verwirrung war perfekt. In der Netzgemeinde, die professionellen Medien gerne betont kritisch gegenübersteht, ergossen sich Hohn und Spott über die angeblich so leichtgläubigen Journalisten. „Ihr seid auf den Postillon hereingefallen“, tönte es im Kurznachrichtendienst Twitter und in den Kommentarspalten der Nachrichtenportale, nicht wenige fragten: Wie dumm können die Medien nur sein?
Erst im Laufe der folgenden Stunden wurde den meisten klar, dass der „Postillon“ gar nicht die Medien genarrt hatte – sondern seine eigenen Leser. Erkennbar war das unter anderem daran, dass das Satire-Blog die aufgeregten Reaktionen in der Netzgemeinde mehrfach genüsslich dokumentierte.
„Schöne Lektion in Medienkompetenz für Einsteiger vom Postillon“, kommentierte Markus Beckedahl vom Verein „Digitale Gesellschaft“ den Fall. Der Medien-Journalist Thomas Knüwer sah dagegen Anlass für eine „schmerzvollere“ Debatte in den Redaktionen: „Warum glauben die Menschen eher einem Satire-Blog als der “Saarbrücker Zeitung”?"