Mit einem neuen Gesetz will Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger den Missbrauch von Abmahnungen im Internet bekämpfen. "Einen entsprechenden Gesetzentwurf wollen wir noch in diesem Jahr ins Kabinett einbringen", sagte die FDP-Politikerin am Dienstag der Augsburger Allgemeinen.
Abmahnungen sind eigentlich dazu gedacht, außergerichtlich gegen Rechtsverstöße - etwa beim Urheberrecht oder dem Wettbewerbsrecht - vorzugehen. Wer gegen das Recht verstößt, wird von Rechteinhabern oder Mitbewerbern abgemahnt und auf seinen Fehler hingewiesen. Unterschreibt der Abgemahnte eine Unterlassungserklärung und verpflichtet sich darin, den Rechtsverstoß nicht mehr zu begehen oder anderenfalls eine Vertragsstrafe zu zahlen, ist der Fall erledigt. In der Regel muss der Abgemahnte dazu auch die Anwaltskosten des Gegners bezahlen.
570.000 Abmahnungen allein im Jahr 2010
Genau deshalb hat sich gerade im Urheberrecht und im Wettbewerbsrecht eine regelrechte Abmahn-Industrie entwickelt. Allein im Namen der Musik- und Filmindustrie verschicken Anwaltskanzleien teils mehrere tausend Abmahnungen pro Tag an Nutzer von Online-Tauschbörsen. Laut einer Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands sind rund sechs Prozent der Bundesbürger ab 14 Jahren schon einmal abgemahnt worden, also etwa 4,3 Millionen Menschen. Allein im Jahr 2010 wurden nach Schätzungen rund 570.000 Menschen abgemahnt - darunter viele Kinder und Jugendliche. Oft waren und sind Abmahnungen mit Forderungen von mehreren hundert oder gar tausend Euro verbunden.
Die Politik hatte schon einmal versucht, das Geschäftsmodell Abmahnung zu bremsen. In einfach gelagerten Fällen sollten die Anwaltskosten auf 100 Euro gedeckt werden. Das Problem allerdings war, dass die Gerichte das Gesetz anders auslegten. "Einfach gelagert" war so praktisch kein Filesharing-Fall mehr - und die Deckelung damit hinfällig.
"Die 100-Euro-Deckelung hat ihre gewünschte Wirkung nicht entfaltet", sagt auch Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Dies wolle man nun durch eine neue Gesetzgebung in den Griff bekommen.
Kein "Fliegender Gerichtsstand" mehr bei Wettbewerbs-Sachen
Ein besonderer Punkt ist dabei auch der sogenannte fliegende Gerichtsstand im Wettbewerbsrecht. Es ist bekannt, dass Abmahn-Anwälte sich in Streitfällen Gerichte aussuchen, bei denen sie sich die größten Erfolge ausrechnen. "Wir wollen den fliegenden Gerichtsstand bei Wettbewerbs-Streitigkeiten im Internet abschaffen", betonte Leutheusser-Schnarrenberger.