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Twitter: Falscher AfD-Account bei Twitter: Was steckt dahinter?

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Falscher AfD-Account bei Twitter: Was steckt dahinter?

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    Der Twitter Account "AfD Bremen-Nord" sorgt gerade für Wirbel: Im Namen der AfD postet ein Unbekannter verschiedenste Nachrichten und sorgt damit für Verwirrung.
    Der Twitter Account "AfD Bremen-Nord" sorgt gerade für Wirbel: Im Namen der AfD postet ein Unbekannter verschiedenste Nachrichten und sorgt damit für Verwirrung. Foto: Andreas Arnold (dpa)

    Der Twitter Account "AfD Bremen-Nord" sorgt gerade für Wirbel: Im Namen der

    Bekannt wurde der Account durch eine Reaktion auf die Satire der "heute-show". Darin wurde etwa Uwe Jung, AfD-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz als "Stammelfleisch" bezeichnet, weil er sich in der Wahlnacht nicht flüssig ausgedrückt hatte.

    Die Reaktion des angeblichen "AfD Bremen-Nord" -Accounts auf Twitter: "macht euch ruhig lustig über uns… eure sendung setzen wir als 1. ab #heuteshow @ ZDF". Kurz darauf wurde die Nachricht wieder gelöscht, stattdessen schrieb "AfD Bremen-Nord": "WIR HABEN DEN TWEET NICHT GELÖSCHT!!! DAS WART IHR!!! #Lügenpresse".

    Die AfD hat sich inzwischen von dem angeblichen Account distanziert. "Die AfD Bremen Nord hat keinen Twitter-Account", sagte etwa Frank Magnitz, Landessprecher der Partei, gegenüber Spiegel Online. Auch auf Twitter selbst distanzierte sich die Partei von dem falschen Account:

    Doch was bezweckt der Mensch hinter dem Fake-Account? Will er die AfD unterstützen oder lächerlich machen?

    Es gibt viele Motive, einen Fake-Account auf Twitter einzurichten

    Fakt ist: Der Fake-Account der angeblichen "AfD Bremen-Nord" steht nicht alleine da. Schon 2009 twitterte ein User im Namen von Franz Müntefering und verkündete sogar den Rücktritt des Politikers - was von mehreren Medien sofort aufgenommen wurde, wie netzpolitik.org dokumentiert.

    "Es gibt viel mehr Fake-Accounts als man so denkt", sagt Stephan Humer, Internetsoziologe und Dozent an der Hochschule Fresenius in Berlin. Aus seinen Beobachtungen heraus würde er schätzen, dass ein zweistelliger Prozentsatz der Accounts auf Twitter ein Fake ist.

    Die Motive hinter den Fake-Accounts sind sehr vielfältig: Marketing machen, Aufmerksamkeit wecken oder Menschen diskreditieren. "Es sind meist sehr individuelle Beweggründe, warum Menschen einen Fake-Account anlegen", erklärt Humer. Ein Klassiker sei zum Beispiel, einen Star zu imitieren. "Dadurch wollen die Menschen dem Star in gewisser Weise näher sein und dessen Fans anziehen." Viele Nutzer wollen auch die Freiheit testen, die sie mit der Anonymität haben und experimentieren, welche Grenzen es gibt.  Andere nutzen Fake-Accounts als Satire oder versuchen, berühmte Twitternutzer zu diskreditieren.

    Fake-Account von Donald Trump hat tausende Follower

    Ein Beispiel von vielen ist der Twitter-Account @DonnyTrumpy. Hier scheint sich der US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump ordentlich selbst auf die Schippe zu nehmen - und 30.000 Follower schauen ihm zu. In den Informationen des Accounts ist die Seite jedoch ganz klar als "Parodie" gekennzeichnet. Nicht so die Seite von "AfD Bremen-Nord".

    Den angeblichen AfD Bremen-Nord-Account als Satire einzuschätzen, findet Humer schwer. "Denn Satire muss immer glasklar erkennbar sein". Er glaubt vielmehr, dass Phänomene wie dieser Fake-Account den Versuch darstellen, mit dem gesellschaftlichen Erfolg der umstrittenen Partei AfD umzugehen. "Die Menschen versuchen, das Phänomen zu greifen, zu entlarven oder zu überlisten", sagt Humer. Die alten Strategien der klassischen Parteien, die AfD zu ignorieren oder ihr kein Forum zu bieten wie der NPD, hätten dieses Mal nicht funktioniert. Also würde jetzt mit anderen Strategien versucht, ein Gegenmittel zu finden.

    Meist ist ein Fake-Account auf Twitter leicht zu erkennen

    Einen Fake-Accout auf Twitter zu entlarven, ist Humers Meinung nach recht einfach. "Man sieht relativ leicht, dass es ein Fake-Account ist, wenn unter dem Namen eines Politikers oder Prominenten Schrott gepostet wird oder gar nichts", erklärt der Internetsoziologe. Wer sich nicht auf die inhaltliche Analyse einlassen wolle, dem bleibe dann noch, auf das blaue Häkchen von Twitter zu achten. Damit verifiziert Twitter Accounts von bekannten Nutzern. Humer schätzt die Häckchen als vertrauenswürdig ein: "Ich glaube, da kann man sich schon drauf verlassen."

    Um erfolgreich zu sein, muss ein Fake-Account laut Humer zwei Sachen erfüllen: Zunächst muss der Inhalt gut sein, egal ob es nun Satire, Imitation eines Prominenten oder Diskreditierung einer Person ist. Die zweite Voraussetzung ist, dass der Account heraussticht. Hier sind sogenannte Multiplikatoren wichtig: Tweets des Accounts werden geteilt, er ist aktiv in Diskussionen und weckt generell Aufmerksamkeit.

    Twitter Nachrichten, die Geschichte schrieben

    21. März 2006: Twitter-Gründer Jack Dorsey (Twitter-Username: @jack) schickt den ersten Tweet der Geschichte: »just setting up my twttr» (»richte gerade mein twttr ein»). Dabei handelt es sich um eine automatisierte Botschaft. Den ersten Live-Tweet sendet er noch am selben Tag hinterher: »lade Mitarbeiter ein».

    10. April 2008: Der US-Student James Buck (@jamesbuck) setzt aus Ägypten einen Tweet aus nur einem Wort ab: »Arrested» (»Festgenommen»). Weil er während einer Demonstration fotografiert hat, ist er in Gewahrsam. Der Tweet löst große Empörung über die Festnahme aus - was als früher Beweis für die Macht der sozialen Netzwerke gilt. Seine Freilassung nach nur einem Tag verkündet Buck ebenfalls in nur einem Wort: »Free» (»Frei»).

    15. Januar 2009: »Da ist ein Flugzeug im Hudson. Ich bin auf der Fähre, um Leute aufzusammeln. Verrückt.» So lautet der Tweet des US-Bürgers Janis Krums (@jkrums). Ein mit seinem Smartphone aufgenommenes Foto des Flugzeugs im Fluss in New York hat er angehängt. Er ist einer der ersten, der die Nachricht von der sensationell gelungenen Notlandung des US-Airways-Flugs im Fluss vor Manhattan verbreitet - alle großen Medien sind später dran.

    12. Mai 2009: Der US-Astronaut Mike Massimo (@astro_mike) schickt den ersten Tweet aus dem All: »Aus der Umlaufbahn: Der Start war toll!! Ich fühle mich großartig, arbeite hart und genieße den großartigen Blick, das Abenteuer meines Lebens hat begonnen!»

    1. Mai 2011: »Hubschrauber hängt um 01.00 Uhr in der Luft über Abbottabad (das ist ein seltenes Ereignis).» Ohne es zu wissen, twittert der IT-Experte Sohaib Athar (@ReallyVirtual) über den Einsatz der US-Spezialkräfte in der pakistanischen Stadt, bei der Al-Kaida-Chef Osama bin Laden erschossen wird.

    7. November 2012: Nach seiner Wiederwahl twittert US-Präsident Barack Obama (@BarackObama): »Vier weitere Jahre». Beigefügt ist ein Foto, auf dem er seine Frau Michelle innig umschlingt. Die Nachricht wird rasant weiterverbreitet und zum meistgeteilten Tweet jener Zeit.

    12. Dezember 2012: Jetzt twittert auch der Papst. Der erste Botschaft von Benedikt XVI. auf dem frisch eingerichteten persönlichen Account des Kirchenoberhaupts (@pontifex) lautet: »Liebe Freunde, es freut mich, mit Euch über Twitter in Kontakt zu treten. Danke für Eure großzügige Reaktion. Ich segne Euch alle von Herzen.» Nachfolger Franziskus setzt später das Twittern fort - eine neue Kirchentradition ist begründet.

    2. März 2014: Ein von der Oscar-Gala über Twitter verbreitetes Foto erreicht Rekordwerte. Moderatorin Ellen DeGeneres (@TheEllenShow) hat ein Selfie zusammen mit mehreren Stars, darunter Meryl Streep, Jennifer Lawrence, Brad Pitt und Bradley Cooper geschossen und geschrieben: »Wenn Bradleys Arm nur länger wäre. Bestes Foto aller Zeiten.#oscars.» Das Foto wird mehr als drei Millionen Mal von anderen Usern »retweetet».

    6. Juni 2014: Der US-Geheimdienst CIA (@cia) beweist Sinn für Humor: »Wir können weder bestätigen noch dementieren, dass dies unser erster Tweet ist.»

    1. Juni 2015: Via Twitter macht Caitlyn Jenner (@Caitlyn_Jenner) ihre neue Identität als Transgender publik: »Ich bin so glücklich, dass ich nach einem so langen Kampf mein wahres Selbst lebe. Willkommen in der Welt Caitlyn. Kann kaum erwarten, dass Du sie/mich kennenlernst.» In ihrer früheren Identität als Bruce Jenner war die heutige Caitlyn Olympiasieger im Zehnkampf und Stiefvater von TV-Starlet Kim Kardashian.

    Gegen Fake-Accounts rechtlich vorzugehen, ist grundsätzlich möglich. "Das ist jedoch mühsam und nicht sehr erfolgsversprechend", sagt Humer. Denn solche Accounts können sofort wieder auftauchen. Eine weitere Möglichkeit ist es, sich direkt an Twitter zu wenden und auf den Fake-Account aufmerksam zu machen.

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