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Kommentar zum Google-Urteil: Das Recht zu Vergessen darf nicht missbraucht werden

Kommentar zum Google-Urteil

Das Recht zu Vergessen darf nicht missbraucht werden

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    Auch im Internet gibt es ein "Recht auf Vergessen". Das hat der Europäische Gerichtshof im Streit mit Google entschieden. Das Urteil ist wichtig - darf aber nicht missbraucht werden.
    Auch im Internet gibt es ein "Recht auf Vergessen". Das hat der Europäische Gerichtshof im Streit mit Google entschieden. Das Urteil ist wichtig - darf aber nicht missbraucht werden. Foto: Ole Spata (dpa)

    Dass das Internet eine Prangerwirkung haben kann, erleben nicht nur Prominente jeden Tag. Ein schlechtes Bild, eine falsche Bemerkung, ein Fehltritt ist heutzutage sehr schnell öffentlich gemacht. Google und die sozialen Netzwerke sorgen dann für die rasend schnelle Verbreitung im Netz. Dazu kommt: Was einmal im Internet ist, kann daraus praktisch nie wieder gelöscht werden. Selbst Heerscharen von Anwälten und Technikern schaffen es nicht, unerwünschte Bilder und Dokumente noch aus dem letzten anonym betriebenen Blog auf irgendeiner Südsee-Insel entfernen zu lassen.

    Muss man also hinnehmen, dass sensible, persönliche Daten für immer und ewig über das Internet - konkret über Suchmaschinen wie Google - abrufbar sind?  Nein, sagt jetzt der Europäische Gerichtshof in Luxemburg. Europäische Bürger können die Internet-Suchmaschine Google unter Umständen dazu verpflichten, missliebige Informationen in seiner Trefferliste nicht anzuzeigen. Ein solcher Fall könne zum Beispiel dann vorliegen, wenn die Informationen sehr alt und für die Gegenwart nicht mehr relevant seien (C-131/12).

    Das Urteil klingt auf den ersten Blick wie ein Sieg der Privatsphäre über die allmächtige Datenkrake Google, deren Betreiber sich gerne zurücklehnen und darauf verweisen, dass sie ja nicht verantwortlich seien für all die Daten und Informationen, die sie auffindbar machen. Doch so einfach ist es leider nicht.

    Fakt ist: Für Menschen kann es durchaus ein Segen sein, wenn sie nicht für den Rest ihres Lebens im Internet mit ihren Fehltritten oder Jugendsünden in Verbindung gebracht werden. Das Recht auf Resozialisierung muss es auch im virtuellen Leben geben.

    Insofern ist es gut, dass der Europäische Gerichtshof hier ein klares Signal gegeben hat. Übrigens auch Richtung Google: Das US-Unternehmen kann und darf sich nicht immer wieder darauf berufen, nur Vermittler von fremden Informationen zu sein. Mit seiner marktbeherrschenden Position hat Google auch eine gesellschaftliche Verantwortung - und wurde heute von den Richtern einmal mehr daran erinnert.

    Das aktuelle Urteil birgt aber auch eine Gefahr des Missbrauchs. Während die einen mit Recht versuchen, ihren guten Ruf auch im Internet zu behaupten oder wieder herzustellen, gibt es auch die andere Seite: dubiose Geschäftemacher, fragwürdige Firmen und auch Kriminelle, die alles daran setzen, Aufklärung und Berichterstattung über sie im Internet zu verhindern. Schon heute sind Verbraucherschützer und Medien immer wieder gezwungen, ihre Online-Archive gegen juristische Maulkorbversuche zu verteidigen.

    Das Urteil des EuGH könnte Wasser auf den Mühlen derer sein, die ihr öffentliches Bild auf diese Weise schönen, und wichtige Informationen "verschwinden lassen" wollen. Das aber darf nicht passieren. Sich umfassend informieren zu können, ist eine der wichtigsten Errungenschaften, die uns das Internet gebracht hat.

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