Als wären die Erwartungen an seinen Boss nicht schon hoch genug, setzte Apples iTunes-Chef Eddy Cue die Planke noch ein Stück höher. "Später in diesem Jahr haben wir die beste Produktpalette in der Pipeline, die ich in meinen 25 Jahren bei Apple gesehen habe", verkündete Cue nebenbei nach der Übernahme der Musikfirma Beats für drei Milliarden Dollar.
Apple-Chef Tim Cook steht am Montag nach fast drei Jahren an der Spitze einer der wichtigsten Auftritte seiner Karriere bevor: Der Ruf nach neuen revolutionären Produkten wird inzwischen so laut, dass ihn auch der 53-Jährige Apple-Boss nicht mehr überhören kann.
Apple-Fans erwarten revolutionäre Produkte
Auf der Entwicklerkonferenz WWDC, die Cook und seine Top-Manager am Montag eröffnen, steht traditionell nicht die Ankündigung neuer Hardwareim Vordergrund, sondern die Software. Beobachter erwarten etwa in Apples Mobil-Betriebssystem iOS eine neue Funktion namens "Healthbook" für Gesundheitsdaten. Heimliche Aufnahmen von Bannern am Veranstaltungsort in San Francisco scheinen zu bestätigen, dass iOS 8 und eine neue Version des Mac-Systems OS X gezeigt werden. Laut Medienberichten treibe Apple auch die Entwicklung eines mobilen Bezahldienstes voran und plane eine Plattform zur Vernetzung von Hausgeräten.
Präsentiert Apple auf der WWDC die iWatch?
iOS 7: Das kann Apples neues Betriebssystem
Apple hat die neueste Version seines Betriebsystems für iPhone, iPad und iPod touch veröffentlicht. iOS 7 gilt als die umfassendste Überarbeitung der Bedienoberfläche seit der Einführung des Ur-iPhones im Jahr 2007.
Allerdings läuft iOS 7 nicht auf allen Apple-Geräten, teilte der Hersteller mit: Unterstützt werden alle iPhones ab dem iPhone 4, die fünfte Generation des iPod touch, das iPad mini und alle größeren iPad-Varianten mit Ausnahme des allerersten Modells.
Die Aktualisierung geschieht entweder über das Gerät selbst oder über Apples iTunes-Software für PC und Mac.
Die neue Apple-Software für Smartphones und Tablets bringt eine buntere Optik und zahlreiche neue Funktionen mit.
Wichtigstes neues Feature ist das sogenannte Control Center, das der Nutzer mit einer Wischbewegung von der Unterseite des Displays aus aufruft. Anschließend kann er mit einem Klick Schnittstellen wie WLAN und Bluetooth ein- und ausschalten sowie schnell auf wichtige Apps wie die Kamera oder den Taschenrechner zugreifen.
Die schon bekannte Nachrichtenzentrale am oberen Displayrand, in der neue E-Mails und andere Benachrichtigungen gesammelt werden, ist nun auch vom Sperrbildschirm der Tablets und Smartphones aus zugänglich.
Überarbeitet wurde auch die Mobilversion des Apple-Browsers Safari, der Webseiten nun im Vollbild anzeigt und eine verbesserte Kindersicherung mitbringt. Sensible Daten wie Passwörter und Kreditkarteninformationen werden im Datendienst iCloud in der sogenannten Keychain gespeichert.
Die Sprachsteuerung Siri hat jetzt wahlweise eine männliche oder eine weibliche Stimme und kann auf Kommando das Onlinelexikon Wikipedia und Twitter durchsuchen. US-Kunden können mit iOS 7 außerdem auf iTunes Radio zugreifen, in Deutschland steht der Streamingdienst aber noch nicht zur Verfügung.
Nachdem auf der WWDC 2013 mit der Ankündigung des futuristischen Mac Pro auch Akzente bei Hardware gesetzt wurden, türmen sich in diesem Jahr erneut Spekulationen über mögliche neue Geräte auf: Könnte Apple schließlich soweit sein, die iWatch, seine angeblich seit Jahren entwickelte Computeruhr, zu präsentieren? Und was ist mit den hartnäckigen Gerüchten über neue größere iPhones - sollten die App-Entwickler nicht jetzt schon über die veränderte Display-Auflösung vorgewarnt werden? Oder zeigt Cook eine weiterentwickelte Version der Fernsehbox Apple TV?
Apple-Fans und Blogger sehnen sich nach echter Innovation
Cook versprach bisher stets, dass "unglaubliche Produkte" im Anmarsch seien. Zuletzt gab es im vergangenen Jahr ein iPhone mit Fingerabdruck-Sensor, ein extrem schlankes iPad und den innovativen Hochleistungsrechner Mac Pro. Doch in die Kategorie bahnbrechender Neuerungen wie das iPhone oder das erste iPad 2010 fallen diese Geräte nicht. Man kann darüber diskutieren, inwieweit ein Unternehmen, das auf einem Geldberg von 150 Milliarden Dollar sitzt und pro Jahr um die 40 Milliarden Dollar Gewinn macht, überhaupt unter Druck stehen kann. Aber Apple-Fans, Investoren, Blogger und traditionelle Medien sehnen sich nach einem echten "One More Thing". Sie wollen einen Vorstoß von Apple in eine neue Kategorie wie Computeruhren, Fernseher - was auch immer - sehen.
Google präsentiert sich mit Datenbrille Glass als Innovationsfabrik
Unterdessen präsentiert sich Google als Innovationsfabrik für die Zukunft mit seiner Datenbrille Glass, den selbstfahrenden Autos oder dem Kauf des Herstellers vernetzter Thermostate Nest.
Die Innovationskultur bei Apple und Google könnte aber nicht unterschiedlicher sein: Das zeigt sich gut am Beispiel Google Glass. Die Datenbrille wurde vor zwei Jahren mit einer atemberaubenden Show auf der Entwicklermesse Google I/O durch ein Fallschirmspringer-Team vorgestellt. Der Sprung in die Tiefe aus einem Luftschiff wurde live als Videostream übertragen. Das Publikum staunte und war begeistert. In der inzwischen als "Vorserienmodell" erhältlichen Brille funktioniert aber nicht nur die Live-Videoübertragung bis heute nicht richtig.
Experten enttäuscht von Google-Glass
Der kalifornische Tech-Blogger Robert Scoble, einer der ersten Glass-Fans, ist inzwischen mächtig enttäuscht: "Der erste Eindruck ist: Mann, ist das cool. Ich hätte auch gerne eine." Wenn man Glass aber einen Monat lang benutze, merke man, dass quasi jede Funktion fehlerhaft sei. Google habe Glass als Computer-Gerät für jedermann vorgestellt. Sie sei aber im Alltag schwer zu gebrauchen. "Glass wird heiß. Der Akku hält nur 45 Minuten. Es fehlen nützliche Apps." Google müsse noch viele Fehler beseitigen, bevor aus Glass ein nützliches Gerät werde.
Eine offene Kommunikation über eigentlich noch unreife Konzepte und Produkte wie Google sie praktiziert, ist für Apple hingegen völlig unvorstellbar. Wichtige Innovationen wie das iPhone oder das iPad wurden von Steve Jobs erst dann der staunenden Öffentlichkeit präsentiert, als intern klar war, das man in absehbarer Zeit auch ein Produkt liefern kann, das die hochgesteckten Erwartungen erfüllt.
Apple will die besten Produkte bauen
Die Zeit, die Apple offenbar für die Perfektionierung seiner Konzepte benötigt, kommt aber nicht nur vielen Apple-Fans unendlich lange vor. Sie müssen sich mit dem Mantra von Tim Cook abfinden: "Unser Ziel ist es, die besten Produkte zu bauen." Und das kann dauern. dpa/AZ