Sie gingen fast täglich gemeinsam spazieren. Hinaus ins Grüne, am Stadtrand von Friedberg. Was Rudi R. (56) und Raimund M. (58) dabei besprochen haben, ist ihr Geheimnis. Gut möglich, dass sie die Spaziergänge nutzen, um ungestört über kriminelle Coups zu sprechen, die sie planten. Die beiden am Donnerstag verhafteten Brüder waren wohl, so sagt es ein Ermittler der Soko, „knallharte Burschen“.
Die Beamten sind sich sicher, dass sie den Brüdern den Mord am Polizisten Mathias Vieth (41) nachweisen können. Und sie hoffen, dass sie weitere Verbrechen klären können. Womöglich, so der Verdacht, waren sie öfter gemeinsam auf Raubzügen. Beide, Rudi R. und Raimund M., haben offenbar zwei Gesichter. Der 56-jährige R. lebte seit Jahren unauffällig in einer Wohnanlage im Augsburger Stadtteil Lechhausen. Mit seiner Mutter bewohnte er eine Wohnung im dritten Stock, sein Vater lebt wohl nicht mehr. „Wir grüßten uns, mehr wussten wir nicht von ihm“, sagt eine Nachbarin. Eine ältere Dame sagt: „Er war freundlich, hat mir auch mal beim Tragen der Einkäufe geholfen.“
Das andere, brutale Gesicht
Doch R. hat noch ein zweites, ein brutales Gesicht. Die Nachbarn ahnten etwas. Es wurde getuschelt, R. habe früher „mit der Polizei zu tun gehabt“. Doch keiner wusste, dass R. ein verurteilter Mörder ist. 1975 erschoss er kaltblütig den Augsburger Polizisten Bernd-Dieter Kraus. R. wollte damals mit einem Komplizen eine Tankstelle an der A8 überfallen und wurde durch die Polizei gestört. Mitte der 1960er Jahre ist R. mit der Familie aus Polen nach Deutschland gezogen. R. fiel früh durch Straftaten auf. Die Ermittler beschreiben ihn als „sozial unangepasst“, bei der Polizei ist er bekannt. Nach dem Mord 1975 saß er fast 20 Jahre in Haft, ehe er auf Bewährung freikam. Später, von 2004 bis 2006, musste er noch mal ins Gefängnis, weil er bei einem Diebstahl zwei Ladendetektive mit Pfefferspray attackierte.
Raimund M. lebte in Friedberg ein bürgerliches Leben in einer gut situierten Wohngegend. Er ist mit einer Beamtin verheiratet. Nach der Hochzeit nahm er deren Namen an. Er hat eine Tochter und war jahrelang Platzwart beim Tennisclub Friedberg. „Nette Leute“, sagt eine Nachbarin über die Familie. „Er ist ein stiller, normaler Mann.“ Ein Faible für teure Autos soll er gehabt haben. Zuletzt sei er krank gewesen, habe nicht mehr Fahrrad fahren können. Auch beim Tennisclub sind die Mitglieder entsetzt.
Polizistenmord in Augsburg: Nicht der erste
„Unvorstellbar“, sagt eine Frau und zeigt auf ein Foto, das im Klubhaus hängt. Es zeigt M. fröhlich bei einem Vereinsfest. Doch ab und zu soll auch M. sein zweites Gesicht gezeigt haben. Er habe die Polizei nicht gemocht, wird im Klub erzählt. Mehr als einmal soll er sich über die Beamten abfällig geäußert haben.