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NSU-Prozess: Zschäpe-Mitarbeit an NSU-Manifest ist wohl nicht belegbar

NSU-Prozess

Zschäpe-Mitarbeit an NSU-Manifest ist wohl nicht belegbar

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    Die Angeklagte Beate Zschäpe betritt den Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München.
    Die Angeklagte Beate Zschäpe betritt den Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München. Foto: Peter Kneffel (dpa)

    Das ist Beate Zschäpe

    Beate Zschäpe wurde am 2. Januar 1975 in Jena geboren. Dem Hauptschulabschluss folgte eine Ausbildung als Gärtnerin.

    Von Mitte 1992 bis Herbst 1997 ging Beate Zschäpe einer Arbeit nach, zweimal unterbrochen von Arbeitslosigkeit. So steht es in einem Bericht des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer für die Thüringer Landesregierung. «Ihre Hauptbezugsperson in der Familie war die Großmutter», heißt es weiter.

    Mit dem Gesetz kam Zschäpe erstmals als 17-Jährige in Konflikt. Der Schäfer-Bericht vermerkt 1992 mehrere Ladendiebstähle. 1995 wurde sie vom Amtsgericht Jena wegen «Diebstahls geringwertiger Sachen» zu einer Geldstrafe verurteilt.

    Zu der Zeit war sie aber häufiger Gast im Jugendclub im Jenaer Plattenbaugebiet Winzerla, bald an der Seite des Rechtsextremen Mundlos. Über das ungewöhnliche Dreiecksverhältnis zwischen ihr, Mundlos und Böhnhardt ist viel spekuliert worden.

    Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt beteiligten sich zu der Zeit an Neonazi-Aufmärschen im ganzen Land.

    Im Alter von 23 Jahren verschwand die junge Frau mit den beiden Männern aus Jena von der Bildfläche. Zuvor hatte die Polizei ihre Bombenbauerwerkstatt in der Thüringer Universitätsstadt entdeckt.

    Danach agierte Zschäpe mit einer Handvoll Aliasnamen: Sie nannte sich unter anderem Silvia, Lisa Pohl, Mandy S. oder Susann D. Zeugen beschrieben sie als freundlich, kontaktfreudig und kinderlieb. Bei Diskussionen in der Szene soll sie jedoch die radikaleren Positionen ihrer beiden Kumpane unterstützt haben.

    Nach der Explosion in Zwickau am 4. November 2011 war Zschäpe mit der Bahn tagelang kreuz und quer durch Deutschland unterwegs. Sie verschickte auch die NSU-Videos mit dem menschenverachtenden Paulchen-Panther-Bildern. Am 8. November stellte sie sich der Polizei in Jena.

    Im Prozess schwieg Zschäpe lange Zeit. An Verhandlungstag 211, im Juni 2015, antwortete sie dem Richter ein erstes Mal, und zwar auf die Frage, ob sie überhaupt bei der Sache sei.

    Zu den Vorwürfen äußerte sich Zschäpe erstmal im September 2015. Ihr Verteidiger las das 53-seitige Dokument vor, in dem Zschäpe ihre Beteiligung an den Morden und ihre Mitgliedschaft im NSU bestritt. Lediglich die Brandstiftung in der letzten Fluchtwohnung des Trios gestand sie.

    Ein psychologisches Gutachten aus dem Januar 2017 beschreibt Zschäpe als "voll schuldfähig".

    Eine ohnehin umstrittene BKA-Textanalyse bleibe den Beweis schuldig, dass Beate Zschäpe an dem Dokument mitgeschrieben habe. Das berichtet das Magazin unter Berufung auf ein Gutachten des BKA, das dem Oberlandesgericht (OLG) München Ende Oktober zugegangen sei. Dort läuft das Verfahren gegen Zschäpe und weitere Angeklagte. In dem Dokument propagiert die Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) den gewaltsamen Kampf gegen den Staat.

    BKA-Experten vergleichen Zschäpe-Texte mit NSU-Manifest

    Die Angeklagten im NSU-Prozess

    Das sind die Beschuldigten im Münchner NSU-Prozess:

    Beate Zschäpe: Sie tauchte 1998 gemeinsam mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt unter, um einer drohenden Festnahme zu entgehen. Die drei Neonazis aus dem thüringischen Jena gründeten eine Terrorgruppe und nannten sich spätestens ab 2001 Nationalsozialistischer Untergrund (NSU).

    Ralf Wohlleben: Der ehemalige Thüringer NPD-Funktionär mit Kontakten zur militanten Kameradschaftsszene soll Waffen für das Trio organisiert haben. Der 40-Jährige wurde am 29. November 2011 verhaftet. Nach Ansicht der Ermittler wusste er von den Verbrechen - er ist wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.

    Carsten S.: Der 35-Jährige hat gestanden, den Untergetauchten eine Pistole mit Schalldämpfer geliefert zu haben. Er ist wie Wohlleben wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.

    Andre E.: Der gelernte Maurer (35) war seit dem Untertauchen 1998 einer der wichtigsten Vertrauten des Trios und soll die mutmaßlichen Rechtsterroristen zusammen mit seiner Frau regelmäßig besucht haben. E. ist als mutmaßlicher Unterstützer der Gruppe angeklagt.

    Holger G.: Der 40-Jährige gehörte wie Wohlleben und die drei Untergetauchten zur Jenaer Kameradschaft. Er zog 1997 nach Niedersachsen um. G. spendete Geld, transportierte einmal eine Waffe nach Zwickau und traf sich mehrfach mit dem Trio. Auch G. ist als mutmaßlicher Unterstützer der Gruppe angeklagt.

    Für ihr Gutachten verglichen BKA-Experten nach den Angaben das NSU-Manifest mit insgesamt 29 Texten, die Beate Zschäpe nach ihrer Verhaftung 2011 verfasst hat. Dabei soll es sich um Mitteilungen an die Gefängnisleitung sowie einen persönlichen Brief Zschäpes an einen Dortmunder Neonazi gehandelt haben. Die Kriminalwissenschaftler seien zu dem Schluss gekommen, dass zwischen den Vergleichstexten sowohl Übereinstimmungen als auch Unterschiede zu finden seien. Die Parallelen gebe es aber nur "in geringem Umfang und mit geringer Aussagekraft", zitiert der "Focus" aus dem 23-seitigen Gutachten. 

    NSU-Prozess: Ist der Textvergleich überhaupt aussagekräftig?

    Im Mai 2014 hatte eine BKA-Expertin vor dem Gericht in München grundsätzlich bezweifelt, dass eine solcher Textvergleich aussagekräftig sein könne. So sei das NSU-Papier insgesamt nicht markant und beinhalte häufig zu findende Stilmerkmale. Das Manifest soll 2002 erstellt worden sein, als die rechtsextreme Terrorzelle bereits die ersten von insgesamt zehn Morden verübt haben soll. dpa/AZ

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