Richterin Martina Scherl findet deutliche Worte: „Mit allgemeinem Blabla“ und „so einer halben Larifari-Seite“ im Luftreinhalteplan sei es nicht getan, schimpfte sie am Montag in München. Der Grund für Scherls Unmut: Die Staatsregierung hat richterliche Vorgaben, ein Dieselfahrverbot zur Verbesserung der Luft zumindest zu planen, ignoriert. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte den Freistaat zur Planung verpflichtet, damit der Stickoxid-Grenzwert bald eingehalten werden könne. Denn der Jahresmittelwert übersteigt an mehreren Straßenabschnitten in München immer noch den Grenzwert.
Bayerns Verweigerung hat Konsequenzen: Das Verwaltungsgericht München hat den Freistaat zu einem Zwangsgeld von 4000 Euro verurteilt. Und bis Ende Mai muss Bayern Dieselfahrverbote für bestimmte Straßenabschnitte planen und auch veröffentlichen – andernfalls droht das nächste Zwangsgeld. Die Staatsregierung muss diese Zwangsgelder in ihre eigene Kasse einzahlen.
Den Antrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) in Haft zu nehmen, bis der Freistaat Fahrverbotspläne vorlegt, lehnte die Kammer jedoch ab. Die Luft in München sei seit 2010 viel besser geworden, und eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig über die rechtliche Zulässigkeit von Fahrverboten werde auch erst Ende Februar erwartet.
Umweltministerin Scharf sagte nach der Entscheidung: „Pauschale Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Großstädten lehnen wir ab. Das trifft viele Bürger in unverhältnismäßiger Weise und ist in der Lage, den Wirtschaftsstandort Bayern zu gefährden.“ Rückendeckung für die Ministerin kam von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft: „Völlig zu Recht sieht die Bayerische Staatsregierung Fahrverbote für Dieselautos nicht als Mittel zur Luftreinhaltung vor“, sagte Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Dieselfahrverbote könnten in München 300000 Autofahrer treffen. Sie müssten Autos, die beim Kauf den Gesetzen entsprachen, auch nutzen dürfen. Die Vertreter des Freistaats hatten zudem argumentiert, Fahrverbote auf einigen Straßenabschnitten würden den Verkehr nur auf andere Straßen verlagern.
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sieht die Sache anders. Er warf der Staatsregierung vorsätzlichen Rechtsbruch vor. Das zeige, „welchen Einfluss zwischenzeitlich die Dieselkonzerne auf das Regierungshandeln haben“. Umwelthilfe-Anwalt Remo Klinger sagte, den Freistaat mit der Zahlung eines Zwangsgelds von der linken in die rechte Tasche der Staatskasse zu einem Sinneswandel bewegen zu wollen, sei naiv. (dpa, AZ)