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Suche nach der Kuh: Yvonne allein im Wald

Suche nach der Kuh

Yvonne allein im Wald

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    Kuh Yvonne - aufgenommen mit einem Handy.
    Kuh Yvonne - aufgenommen mit einem Handy.

    Die Tierschützer von Gut Aiderbichl sind abgereist. Kuh Waltraud und Ochse Ernst auch. Der Hubschrauber ist weg, nur die Jäger beobachten das 25 Hektar große Waldstück aus der Ferne noch. Es ist wieder Ruhe eingekehrt in Zangberg im nördlichen Landkreis Mühldorf am Inn. Die Behörden haben die Abschussgenehmigung für die entlaufene Kuh Yvonne aufgehoben – und werden sie auch nicht mehr wieder in Kraft setzen. Weil sich die Kuh verkrochen hat und „das Tier aufgrund seines momentanen Standorts keine akute Gefährdung des Straßenverkehrs darstellt“, so die offizielle Begründung.

    Und Yvonne – das berühmteste Rindvieh dieses Sommers? „Sie ist im Moment erlöst und darf Reh spielen“, sagt eine Sprecherin des Landratsamtes Mühldorf. Und lacht. Als „Kuh, die ein Reh sein will“ wurde die ehemalige Milchkuh aus Österreich bekannt, die sich seit Mai im Unterholz und in den Maisfeldern hoch über dem Isental versteckt hält. Sie war einem Bauern davongelaufen, der sie mästen und schließlich schlachten wollte.

    Tierisches Sommertheater in Oberbayern um Yvonne

    Zeitungen aus Abu Dhabi, Kanada, England und den USA haben über Wochen vom tierischen Sommertheater in Oberbayern berichtet. Selbst Radiosender in Indien oder Südafrika hatten Yvonne im Programm. Eine Boulevardzeitung setzte eine Belohnung für den entscheidenden Hinweis auf die Kuh aus, die sich von den ebenso eifrigen wie erfindungsreichen Tierschützern von Gut Aiderbichl einfach nicht aufspüren ließ.

    Die Begründungen der Tierretter, die seit gut vier Wochen hinter der Waldkuh her sind, sind so vielfältig wie die verpassten Gelegenheiten: Einmal stand Yvonne ungünstig zum Jäger mit dem Betäubungsgewehr, dann wieder war es zu dunkel oder sie war zu schnell oder zu weit weg.

    „Das wundert einen schon“, sagt Josef Hiemer, Leiter des Sachgebiets Milchviehhaltung beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kempten. Er ist überzeugt davon: „Wenn man will und wenn man richtig sucht, findet man so eine Kuh auch.“ Schließlich sei das Gebiet überschaubar. Und schließlich befindet sich das Waldstück nicht im Hochgebirge, sondern im hügeligen Oberbayern. Sorgen macht Hiemer in diesem Zusammenhang, dass – wie schon Braunbär Bruno – das Tier durch eine derart aufwendige Rettungsaktion vermenschlicht wird. „Am Schluss sind dann wieder die Bauern, die ihre Rinder zum Schlachten geben, die Bösen“, kritisiert Hiemer.

    Bis Herbst hat Yvonne jetzt erst einmal Ruhe – vorausgesetzt sie bleibt in Deckung und lässt sich nicht wieder auf der Straße blicken. Das war anfangs der Grund gewesen, dass das Landratsamt Mühldorf eine Abschussgenehmigung erteilt hatte. Denn Yvonne war ausgerechnet vor ein Polizeiauto gelaufen. Jetzt will man ihr eine Pause gönnen und damit das schaffen, was Hubschrauber und Jeeps, Quads und Wärmebildkameras nicht geschafft haben: sie aus dem Wald und aus den Maisfeldern zu locken.

    „Wir haben die Suche verschoben“, bestätigt Britta Freitag von Gut Aiderbichl. Im drei bis dreieinhalb Meter hohen Mais sehe man sie selbst von oben nicht mehr. Auch schießen könne man im Mais nicht. Und jeder missglückte Fangversuch „macht Yvonne nur noch schlauer“, sagt Freitag. Örtliche Jäger und Förster aber, die laut Britta Freitag „genau wissen, wo die Kuh steht“, beobachten sie weiter. Nach der Ernte, in vier bis sechs Wochen also, werden die Tierretter wieder auf die Pirsch gehen.

    „Wenn die Kuh im Herbst nicht mehr so viel Essen findet, ist sie einfacher zu fangen“, sagt Denis Fuchs. Der Experte aus dem Elsass ist als „Rinderflüsterer“ bekannt geworden. Seit 25 Jahren bringt er Landwirten den richtigen Umgang mit ihren Tieren bei. So wirklich verstehen kann auch er es nicht, dass eine Kuh nicht gefunden wird. „Sie hinterlässt schließlich Spuren“, sagt er. „Jeder Jäger, der den Wald kennt, müsste sie finden. Jeder Bauer mit einem guten Hund kann sie aus dem Dickicht treiben, denn vor Hunden hat eine Kuh Respekt“, sagt Fuchs. Vor Mirko, dem Spür-Dackel, den die Gut-Aiderbichl-Leute ganz zu Beginn der Yvonne-Suche in den Wald schickten, hatte sie diesen Respekt nicht.

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