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70 Jahre Augsburger Allgemeine: Worauf es ankommt

70 Jahre Augsburger Allgemeine

Worauf es ankommt

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    Walter Roller, Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen.
    Walter Roller, Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen. Foto: Wagner

    Tageszeitungen gehen mit der Zeit. Auch die Augsburger Allgemeine hat im Laufe der 70 Jahre, die seit ihrer Gründung vergangen sind, wiederholt ihr Erscheinungsbild verändert, ihr Handwerkszeug ergänzt und auf die Veränderung des Mediennutzungsverhaltens reagiert. Wie sollte es auch anders sein angesichts des stürmischen gesellschaftlichen Wandels, der ja die ständige Bereitschaft zu Innovation und Modernisierung erfordert. Der Kompass unseres Handelns jedoch ist derselbe geblieben.

    Was sind die wichtigsten Konstanten, die für die Arbeit unserer Redaktion Richtschnur sind? Erstens: Wir wollen glaubwürdig und seriös informieren über das, was ist – und auf diese Weise mithelfen, dass sich die Leserinnen und Leser eine fundierte Meinung bilden können und teilhaben können an einer möglichst lebendigen Demokratie. Und zweitens: Wir wollen wie eh und je „Stimme der Heimat und Tor zur Welt“ sein, wie es mein Kollege Rainer Bonhorst einmal so treffend formuliert hat. Die Menschen in unserem großen Verbreitungsgebiet sind eng mit ihrer Heimat verbunden und zugleich weltoffene, vom europäischen und globalen Geschehen berührte Bürger. Möglichst nah bei ihnen, ihren Interessen und Problemen zu sein – das war, ist und bleibt unser Anspruch.

    Die Zeitung ist ein Spiegel dessen, was vor unserer Haustür und in der Ferne passiert. Die große Regionalzeitung – und die Augsburger Allgemeine ist dank ihrer vielen treuen Leserinnen und Leser inzwischen die drittgrößte deutsche Abonnementzeitung – hat ihre besondere Stärke im Lokalen und Regionalen, ohne freilich die großen Themen und Ereignisse der Zeit aus dem Auge zu verlieren.

    Auch die vorliegende Jubiläumsausgabe zum 70. Geburtstag unserer Zeitung (hier online lesen) schlägt diesen Bogen. Sie bietet einen Rückblick auf das, was uns in all den Jahrzehnten bewegt hat – und schaut zugleich in die Zukunft dieser lebenswerten und reizvollen Region, die sich wirtschaftlich hervorragend entwickelt hat. Ihre Interessen und berechtigten Anliegen in München zu vertreten, betrachtet die Augsburger Allgemeine bei aller landespolitischen Objektivität als ihre dauernde Aufgabe.

    Das Tageszeitungsgeschäft ist nicht leichter geworden. Die digitale Revolution macht allen klassischen Medien zu schaffen, die gedruckte Tageszeitung hat ihre Monopolstellung eingebüßt. Das hat mit dem veränderten Leseverhalten insbesondere jüngerer Menschen und vor allem mit der Tatsache zu tun, dass die Nutzer des Netzes selber zum Sender von Nachrichten, posts und Fotos geworden sind und sich ihr „Programm“ auf eigene Faust zusammenstellen.

    Trotz dieser neuen, scharfen Konkurrenz braucht uns nach 70 erfolgreichen Jahren vor der Zukunft nicht bange zu sein. Die gut gemachte Zeitung kann und wird, wie ja auch die vergleichsweise stabile tägliche Auflage der Augsburger Allgemeinen mit ihren rund 320 000 Exemplaren zeigt, ihren Rang als besonders relevantes und besonders glaubwürdiges Medium behaupten. Sie muss nur – und das geschieht ja – auch die digitale Welt durchdringen und ihre Stärken als „Leuchtturm im Meer der Nachrichtenflut“ (Frank Schirrmacher) pflegen.

    Die Zeitung heute ist print und digital

    Die Zeitung ist heute nicht mehr nur bedrucktes Papier. Sie ist print und digital und bespielt mit ihren von sachkundigen Journalisten beschafften Inhalten auch die digitalen Kanäle. Die Augsburger Allgemeine gibt es auf Papier und, in ihrer digitalen Form, auf dem Tablet. Die Zeitung liefert Informationen und Hintergründe auch auf ihrer Webseite und aufs Handy. Der Kunde nutzt den Kanal, der ihm am liebsten ist – wobei die meisten Leserinnen und Leser noch immer in der analogen und in der digitalen Welt zu Hause sind. Das erklärt auch, warum unsere Zeitung als Marke heute mehr Menschen denn je erreicht und das absolute Leitmedium dieser Region geblieben ist.

    Ein Problem für die Verlage ist, dass sich online wegen der im Internet verbreiteten Gratiskultur und Kostenlos-Mentalität schwerer Erlöse erzielen lassen – jedenfalls noch nicht. Was die Inhalte anlangt, so kommt es –ob sie nun gedruckt oder digital verbreitet werden – hier wie dort auf die Qualität der Berichterstattung und auf die Zuverlässigkeit der Informationen an. Qualitätsjournalismus – das ist auch in Zukunft der Schlüssel zum Erfolg der Tageszeitung. Das gilt erst recht in einer Welt, die das Zeitungmachen und Zeitunglesen enorm verändert hat.

    Die Medienwelt ist im Zeichen des schnellen, äußerst kommunikativen, eine ungeheure Fülle von Material bietenden Internets unübersichtlicher und komplizierter geworden. Sie produziert in einer nie dagewesenen Rasanz und Hektik eine gigantische Menge ungefilterter, im Sekundentakt produzierter, häufig falscher und belangloser Nachrichten. Mehr denn je kommt es darauf an, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen und all das einzuordnen, was da auf uns Tag für Tag einströmt. Womit wir bei den großen Stärken der Tageszeitung wären.

    Deren Aufgabe ist es, die Dinge zu sortieren und jene Informationen zu transportieren, die wirklich relevant sind. Auch erfahrene, professionelle Journalisten machen Fehler und unterliegen der Versuchung, dem Tempo des Netzes folgen zu wollen.

    Auch die seriöse Tageszeitung ist nicht gefeit vor der Skandalisierung von Menschen und Themen. Aber wir bemühen uns, so objektiv und sachgerecht wie irgend möglich zu informieren und aufzuzeigen, was hinter der reinen Nachricht steckt. Wir lenken den Blick auf das, worauf es ankommt – und stehen, was ja ein Markenzeichen der klassischen Regionalzeitung ist, im engen Kontakt mit den Leserinnen und Lesern. Wir beziehen Stellung und regen in Kommentaren zum Nachdenken und zur Meinungsbildung an.

    Dass die Menschen dies schätzen, davon zeugt das ungebrochen große Vertrauen in die Verlässlichkeit dessen, was wir tagtäglich auf vielen Seiten an Informationen, Analysen und Reportagen bieten – neben dem Unterhaltsamen und sogenannten „Bunten“, für das ja in einer guten, die pralle Fülle des Lebens beleuchtenden Zeitung auch Platz sein muss. Nein, es kommt nicht von ungefähr, dass die Zeitung noch immer das Medium mit den besten Noten in Sachen Glaubwürdigkeit ist – sogar bei jenen jungen Menschen, die sich vornehmlich in der digitalen Welt bewegen.

    Unsere Redaktion wird alles in ihrer Kraft Stehende tun, um dieses Vertrauen - unser wichtigstes Kapital – auch in Zukunft zu rechtfertigen. Und, im Übrigen: Wie wäre es um diese Gesellschaft und die politische Ordnung bestellt, wenn es die Zeitung mit ihrer Wächterrolle und ihrer demokratischen Kontrollfunktion nicht gäbe? Auch Zeitungen sind „systemrelevant“, weil sie das „Rückgrat der politischen Öffentlichkeit“ (Jürgen Habermas) bilden, den Mächtigen auf die Finger schauen und – zumal im Regionalen – jene große Plattform des Meinungsaustausches bieten, ohne die keine Gesellschaft auskommen kann.

    Digitale Revolution hin oder her: Die optisch ansprechend verpackte Qualitätszeitung wird es noch sehr, sehr lange auch auf Papier geben. Warum? Weil das Lesen sinnliches Vergnügen bereitet. Weil die Lektüre der Zeitung das hektische Leben entschleunigt und den Zustand der Dinge, die ständig im Fluss sind, festhält und begreifbar macht. Weil die Aufnahmefähigkeit beim Lesen auf Papier besser ist als am Bildschirm - und weil das Lesen von Gedrucktem keine digitalen Spuren hinterlässt.

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