Nach zwölf Tagen haben es die knapp 1000 Rettungskräfte geschafft, den verletzten Höhlenforscher Johann Westhauser zu bergen. Nun stellt sich die Frage, wer die Kosten für diese beispiellose Rettungsaktion trägt. Wie teuer der Einsatz war, ist noch unbekannt. „Natürlich wird es Kosten geben“, sagte Klemens Reindl, Gesamteinsatzleiter der Bergwacht Bayern. Eine genaue Zahl will er bislang aber nicht nennen. Die Beteiligten benötigten Zeit für ihre Rechnungen. Reindl betonte, dass sie bei der Rettungsaktion „nichts zu viel getan und auch nichts aus Kostengründen unterlassen haben“. Zudem sei momentan noch offen, was Westhausers Versicherung zahlt.
Freistaat Bayern zahlt einen Teil der Kosten
Auch der Freistaat Bayern wird sich an den Kosten beteiligen. Nach Artikel 33 des Bayrischen Rettungsdienstgesetzes unterstützt er die Bergwacht bei den Kosten für Material wie Fahrzeuge oder auch Rettungs- und Funktechnik für Berg- sowie Höhlenrettungen. Außerdem kommt Bayern für die Lohnfortzahlung und die Erstattung von Verdienstausfällen der ehrenamtlichen Helfer auf.
Die langwierige Rettung des Höhlenforschers
7. Juni: Ein dreiköpfiges Team von Forschern, darunter der 52-jährige Westhauser, steigt in die fast 1100 Meter tiefe Riesending-Schachthöhle bei Berchtesgaden.
8. Juni: Gegen 1.30 Uhr kommt es zu einem Steinschlag, bei dem Westhauser an Kopf und Oberkörper verletzt wird. Er erleidet ein Schädel-Hirn-Trauma. Ein Kollege beginnt einen zwölfstündigen Aufstieg, um Hilfe zu holen.
9. Juni: Vier Bergretter erreichen erstmals das Lager des Verletzten. Westhauser sei ansprechbar, «aber es geht ihm nicht gut», berichtet die Bergwacht. Ein Arzt, der zu dem Verletzten aufbricht, muss aufgeben.
10. Juni: Vier Schweizer, die auf die Rettung aus Schächten spezialisiert sind, erreichen Westhauser. Ein österreichischer Arzt macht sich mit drei Bergrettern auf den Weg in die Tiefe. Ein erster Lichtblick: Dem Verletzten gehe es wohl besser als zunächst vermutet, heißt es.
11. Juni: Ein weiterer Mediziner steigt zu Westhauser hinab, am Nachmittag erreicht der Österreicher den Verletzten.
12. Juni: Der zweite Arzt trifft ein. Die Mediziner entscheiden: der Patient kann transportiert werden.
13. Juni: Nach fünf Tagen beginnt am späten Nachmittag der Transport des Verletzten auf einer Trage.
14. Juni: Das Rettungsteam schafft die erste Etappe und erreicht gegen 4.00 Uhr Biwak 5, den ersten Rastplatz.
15. Juni: Die Helfer bewältigen die «Lange Gerade», die etwa 900 Meter unter der Oberfläche Hunderte Meter fast waagerecht durch den Berg führt. Der Trupp erreicht Biwak 4. Nun beginnt der schwierige Teil: Der Trupp muss Westhauser an der mitunter senkrecht nach oben führenden Wand in die Höhe ziehen.
16. Juni: Das Team erreicht das dritte Lager in rund 700 Metern Tiefe. Nach einigen Stunden Pause geht es weiter.
17. Juni: Die Rettung geht rascher voran als erwartet. Die Einsatzkräfte erreichen mit Westhauser am Morgen Biwak 2 in rund 500 Metern Tiefe. Etwa 15 Mann sind mit dem Verletzen unterwegs, Dutzende andere bauen den Weg aus.
18. Juni: Am Morgen kommt der Trupp am Biwak 1 an. Bereits in der Nacht zum Donnerstag sollten die Retter mit Westhauser den Höhleneingang erreichen.
19. Juni: Die erlösende Nachricht: Westhauser und seine Retter haben um 11.44 Uhr den Höhlenausgang erreicht - gut 274 Stunden nach dem Unfall.
Innenminister Joachim Herrmann sprach nach der Rettungsaktion von einem „Glücksfall“, dass man allein für den Zeitraum von 2011 bis 2015 insgesamt 25 Millionen Euro für die materielle Ausstattung der Bergwacht Bayern vorgesehen hat. Darunter auch Ausrüstung für Höhlenrettungen. Diese war in den vergangenen Tagen bereits im Einsatz, sagte der Innenminister. Für die Rettungsaktion wurden laut Bundeswehr von der Gebirgsjäger-Kaserne in Bischofswiesen unter anderem tausende Kletterkarabiner, kilometerweise Seile sowie medizinisches Material, Kleidung und Verpflegung zur Riesending-Höhle geflogen.
Der Fall Johann Westhauser
Ganz allgemein ist es bei Rettungseinsätzen mit Polizei oder Feuerwehr so, dass niemand zur Kasse gebeten wird, wenn Leib und Leben in Gefahr sind. Wer sich als Bergwanderer verirrt hat, aus Angst an einer gefährlichen Stelle nicht weiterkommt oder aus Leichtsinn in die Dunkelheit geraten ist, muss für die Kosten eines Rettungseinsatzes „ohne medizinischen Grund“ aufkommen. Im Fall Westhauser dürfte es sich aber wohl um eine Rettung aus einer unverschuldeten Notlage handeln. jgs, dpa