Es ist 20 Uhr. Und so amüsant die neueste Folge von „Dahoam is dahoam“ auch sein mag – der bayerische Fernsehzuschauer schaltet um diese Zeit gerne vom Dritten Programm um zur Tagesschau im Ersten. Das gefällt den Verantwortlichen beim Bayerischen Rundfunk gar nicht.
Und noch weniger gefällt es ihnen, dass viele Zuschauer danach nicht wieder ins Bayerische Fernsehen zurückschalten. Deshalb wollen sie künftig, wie die meisten anderen Landesrundfunkanstalten auch, die Tagesschau in ihr Programm übernehmen. Doch damit nicht genug.
Weil eine solche Änderung gleich einen ganzen Rattenschwanz von Problemen nach sich zieht und weil der BR obendrein vor der bitteren Erkenntnis steht, dass ihm das junge Publikum mehrheitlich längst den Rücken gekehrt hat, soll gleich das gesamte Programm runderneuert werden.
Alles soll besser werden. So will es Intendant Ulrich Wilhelm. Es soll, so hieß es ganz allgemein schon vor einiger Zeit, „mehr Inhalte aus Bayern, mehr Vielfalt für alle und mehr Hintergrundberichterstattung“ geben. Die Frage, wie das funktionieren soll, wird in den kommenden Monaten für intensive Debatten sorgen. In den Redaktionen des Senders herrscht Unruhe, im Rundfunkrat gespannte Erwartung.
Tagesschau statt "Dahoam ist dahoam" um 20 Uhr beim BR?
Ein erster Vorschlag kommt bei der morgigen Klausursitzung des Fernsehausschusses auf den Tisch. Das ist jenes Gremium des Rundfunkrates, das sich mit dem Programm befasst. Die Mitspracherechte des Ausschusses sind begrenzt. Die Macht im Sender konzentriert sich beim Intendanten. Wilhelm aber strebt offenbar einen Konsens an. Seine Kritiker innerhalb des BR argwöhnen, dass am Ende doch „einsame Entscheidungen“ getroffen werden.
Das Konzept, das von Fernsehdirektorin Bettina Reitz und ihrem Stellvertreter Andreas Bönte ausgearbeitet wurde, hat nach Informationen unserer Zeitung folgende Eckpunkte: Die Tagesschau um 20 Uhr wird von der ARD übernommen. „Dahoam ist dahoam“ wird um eine Viertelstunde auf 19.30 Uhr vorverlegt.
Die Rundschau um 16.45 Uhr wird gestrichen. Dafür soll die Rundschau am frühen Abend künftig schon um 18.30 Uhr beginnen und statt bisher 15 künftig 30 Minuten dauern. Gleichzeitig soll bei den Magazinen (Garten, Gesundheit, Geld etc.) und angeblich auch bei der Abendschau gekürzt werden.
Der Grundgedanke sei, so heißt es aus der Riege der Verantwortlichen, „Raum für Neues und für Innovationen zu schaffen“. Eine offizielle Bestätigung für diese Pläne gibt es nicht. Vor der Öffentlichkeit, so lautet die Marschroute beim BR, sollen die Rundfunkräte informiert werden. Entschieden sei noch gar nichts.
Hitzige Debatte um das neue Programm des Bayerischen Rundfunks
In welche Richtung die Debatten laufen werden, zeichnet sich allerdings bereits ab. Medienpolitiker im Landtag stellen zum Beispiel die Frage nach den Kosten. Es seien ja wohl, so ihr Argument, weder ein zusätzlicher Nutzen noch Einsparungen zu erwarten, wenn man die Tagesschau ins Programm nimmt und gleichzeitig die eigene Nachrichtensendung, die weiterhin auch über Deutschland und die Welt berichten soll, ausweitet.
Darüber hinaus gibt es die Befürchtung, dass die Reform zu Lasten anderer Nachrichtenformate, Dokumentationen oder Reportagen im BR gehen könnte. Außerdem wollen einige Rundfunkräte wissen, welche Rückwirkungen es auf kleinere Regionalsender und andere Medien in Bayern hat, wenn der BR tiefer in die regionale Berichterstattung einsteigt.
Am heißesten aber wird die geplante Reform innerhalb des Senders diskutiert. Einige Redaktionen sorgen sich um ihre Stellung. Die Mittel seien begrenzt. Mit der Reform werde ein Verteilungskampf einhergehen.