CSU-Chef Horst Seehofer hat den mit Spannung erwarteten Parteitag, bei dem es auch um seine eigene politische Zukunft gehen wird, auf Mitte Dezember verschoben. Er begründete dies gestern mit den laufenden Verhandlungen über eine mögliche Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen in Berlin. Ursprünglich sollten sich die rund 1000 Delegierten der CSU bereits Mitte November in Nürnberg treffen und dabei unter anderem einen neuen Parteivorstand wählen.
Die CSU, die bei der Bundestagswahl auf historisch niedrige 38,8 Prozent abgestürzt ist, steht knapp ein Jahr vor der Landtagswahl in Bayern mächtig unter Druck. Nach einer aktuellen Umfrage des Hamburger Instituts GMS im Auftrag von Sat.1 Bayern käme sie im Freistaat derzeit nur auf 41 Prozent, würde also die absolute Mehrheit der Sitze im Landtag verlieren.
Parteiführung begrüßt Verschiebung des Parteitags
Die angeschlagene CSU wird sich entscheiden müssen, ob sie für eine Regierungskoalition der Union mit FDP und Grünen zur Verfügung steht. Und sie wird sich entscheiden müssen, mit welchem Spitzenpersonal sie in die Landtagswahl geht.
Die Verschiebung des Parteitags wird von der Parteiführung offenbar einhellig begrüßt. Mehrere Mitglieder des Vorstands äußerten sich gestern zustimmend. Der Chef des CSU-Bezirksverbandes Schwaben, Markus Ferber, sagte im Gespräch mit unserer Zeitung: "Ja, das macht Sinn."
Die Unruhe in der Partei sei groß. "Mit der Verschiebung des Parteitags gibt es auch die Möglichkeit, die noch offenen inhaltlichen und personellen Fragen zu klären – also auch die Frage, mit welcher Aufstellung die CSU in das Landtagswahljahr geht."
Horst Seehofers Zukunft ist offen
Aus Berliner CSU-Kreisen hieß es, dass Seehofer die Ergebnisse der Sondierungsgespräche zunächst mit der CSU-Landesgruppe in Berlin und der CSU-Landtagsfraktion in München diskutieren will, ehe er sie dem Parteivorstand zur Abstimmung vorlegt. Die Gespräche mit Landesgruppe und Landtagsfraktion sind für 17. und 18. November geplant – dem ursprünglichen Parteitagstermin. Die Vorstandssitzung findet ohnehin am darauffolgenden Montag, 20. November, statt.
Knapp vier Wochen später könnten dann auf einem Parteitag erste Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen, möglicherweise sogar ein Koalitionsvertrag, diskutiert und zur Abstimmung gestellt werden. Stattfinden aber muss der Parteitag ohnehin, weil laut Satzung bis spätestens Ende des Jahres ein neuer Parteivorstand gewählt werden muss.
Die Zukunft Seehofers ist offen. Sein Rückhalt in der Bevölkerung schwindet offenbar. In der GMS-Umfrage gaben etwa 60 Prozent der Befragten an, Seehofer solle sich mindestens von einem seiner beiden Ämter – Parteivorsitz und Ministerpräsident – trennen.
Unter CSU-Anhängern fordern 26 Prozent, dass er beide Ämter aufgeben soll. Für die Landtagswahl sehen 42 Prozent der Befragten in Seehofer den aussichtsreichsten Kandidaten. Unter den CSU-Anhängern allerdings liegt Finanzminister Markus Söder (41 Prozent) schon knapp vor Seehofer (40 Prozent).
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Umfrageinstitut Civey zusammen. Eine aktuelle Umfrage im Auftrag unserer Redaktion ergibt, dass mehr als zwei Drittel der Bayern Horst Seehofer nicht mehr als Ministerpräsidenten wollen, wie Sie hier lesen.
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