Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Streit um GBW-Wohnungen: Täuschung, schmutzige Methoden und der "selbstlose Mieteranwalt"

Streit um GBW-Wohnungen

Täuschung, schmutzige Methoden und der "selbstlose Mieteranwalt"

    • |
    Die Fassade eines Hochhauses in München. Die BayernLB verkauft ihre Immobilientochter GBW.
    Die Fassade eines Hochhauses in München. Die BayernLB verkauft ihre Immobilientochter GBW. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Der Streit um den Verkauf der BayernLB-Tochter GBW und ihrer 32.000 Wohnungen geht weiter - und wird schärfer. Hatten zuletzt vor allem Münchens Oberbürgermeister Christian Ude und seine SPD die CSU und die Staatsregierung für den Verkauf der GBW an ein Konsortium unter Führung des Immobilienkonzerns Patrizia attackiert, musste sich Ude am Mittwoch seinerseits gegen heftige Angriffe zur Wehr setzen. Hintergrund: Hätte das kommunale Konsortium unter der Führung Münchens den Zuschlag bekommen, wären wohl etliche Wohnungen an die Bayerische Versorgungskammer (BVK) weiterverkauft worden.

    Finanzminister Markus Söder: "Starker Tobak"

    Entsprechende Gespräche mit der BVK habe es gegeben, sagte ein Stadtsprecher und bestätigte damit einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung". Die Kritik an Ude ist heftig. Finanzminister Markus Söder (CSU) sagte: "Das ist starker Tobak." Ude gebe den selbstlosen Mieteranwalt, habe aber selbst Wohnungen verkaufen wollen. "Damit hat er die Öffentlichkeit über seine wahren Absichten offenkundig getäuscht." Münchens CSU-Chef Ludwig Spaenle forderte sogar Udes Rückzug von der Spitzenkandidatur zur Landtagswahl.

    Ude wehrte sich und warf der CSU "schmutzige Methoden und unfassbare Verdrehungen" vor. "Die Wahrheit ist, dass die Rechtsaufsicht in Gestalt des bayerischen Innenministers von den Kommunen sogar schriftlich gefordert hat, dass sie sich von Wohnungsbeständen, die sie im Bieterverfahren erwerben, die aber fern von ihrem Gemeindegebiet liegen, mittelfristig wieder trennen", sagte Ude. "Wir haben diese Auflage der Staatsregierung auch akzeptiert, weil ja wirklich nicht zu verstehen ist, warum beispielsweise München dauerhaft Wohnungsbestände in Unterfranken halten soll."

    Das kommunale Konsortium teilte mit, deshalb sei den Kommunen, die nicht am Konsortium beteiligt waren, angeboten worden, nach einem Zuschlag Wohnungen aus ihrem Gebiet zu kaufen. "Nur um weitere Möglichkeiten auszuloten, nahm das kommunale Konsortium Kontakt zur BVK auf." Ude sagte, es sei Innenminister Joachim Hermann (CSU) gewesen, der die BVK ins Spiel brachte. "Mit einem Wort: Minister Spaenle bezeichnet eine rechtliche Forderung seines eigenen Regierungschefs und seines zuständigen Kabinettskollegen als Skandal, der zum Rücktritt zwingt", sagte der Oberbürgermeister.

    Die Grünen unterstützen Christian Ude

    Das ist die Patrizia AG

    Die Patrizia AG ist ein Immobilienkonzern mit Sitz in Augsburg.

    Das Unternehmen betreut derzeit (Stand: 2013) ein Immobilienvermögen im Wert von 7,5 Milliarden Euro.

    Dazu gehören neben Bürogebäuden auch rund 50 000 Wohnungen in München, Frankfurt, Hamburg und anderen Städten.

    Rund 600 Menschen sind bei der Patrizia AG beschäftigt.

    Neben dem Stammsitz in Augsburg unterhält die Patrizia sieben weitere Standorte in Deutschland, Kopenhagen, London, Luxembourg und in Stockholm.

    Gegründet wurde Patrizia 1984 von dem Zahntechniker Wolfgang Egger, der das Unternehmen 2006 an die Börse brachte. Das spülte der Firma 300 Millionen Euro Eigenkapital in die Kasse.

    Damit finanzierte Egger, der immer noch Mehrheitsaktionär und Vorstandschef ist, die weitere Expansion. Inzwischen ist Patrizia nach eigenen Angaben auf allen wichtigen europäischen Immobilienmärkten aktiv.

    Bekannt geworden ist Patrizia vor allem durch den Kauf der Wohnungen der baden-württembergischen Landesbank LBBW im Jahr 2012. Dabei flossen 1,435 Milliarden Euro an die Landesbank.

    Ein deutlich größeres Geschäft war 2013 der Kauf der Wohnungsgesellschaft GBW mit 32 000 Wohnungen von der BayernLB: Hier beläuft sich der Brutto-Kaufpreis auf knapp 2,5 Milliarden Euro. Patrizia bringt davon aber nur einen Bruchteil selber auf - der Löwenanteil stammt von Investoren.

    Auch die Grünen sprangen Ude bei: "Wie kleine Kinder auf dem Pausenhof deuten hier die Strolche von der CSU pharisäerhaft auf die braven, aber ungeschickten Schulbuben von der SPD", sagte die Abgeordnete Christine Kamm. Am Ende war das kommunale Konsortium in dem Bieterstreit aber ohnehin gescheitert, weil es deutlich weniger Geld für die Wohnungen geboten hatte als die von der Patrizia AG geführte Gruppe aus Versicherungen, Sparkassen und Versorgungswerken.

    Udes EU-Beschwerde ist doch nicht dringlich

    An einer anderen Streitfront kann sich München Zeit lassen: Der Stadtrat wird sich nun doch erst im Mai mit der EU-Beschwerde Udes befassen. Nach der Ankündigung des Freistaats, sich doch nicht über die Landesstiftung an dem Patrizia-Konsortium zu beteiligen, sei die Eilbedürftigkeit weggefallen, sagte ein Sprecher. Ude hatte am vergangenen Freitag überraschend bei der EU eine formelle Beschwerde gegen den Verkauf der GBW eingelegt, weil er die nachträgliche Beteiligung des Freistaats für rechtswidrig hielt. Ob die Beschwerde überhaupt Bestand haben kann, prüfen derzeit Stadt-Juristen. (dpa/lby)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden