Am Mittwoch hat die Polizei den Ex-Arbeitskollegen der 17-Jährigen festgenommen. Nach Informationen des Münchner Merkur wird sie psychologisch betreut und bekommt Medikamente. Im Interview mit dem Münchner Merkur sagte die Mutter des Opfers: „Wir sind durch die Hölle gegangen.“ Nach BR-Informationen hat der Stalker sogar ein doppeltes Spiel getrieben und sich als Freund des Opfers ausgegeben.
Unter Polizeischutz zum Fest
Steffi habe sich kaum mehr aus dem Haus getraut, schreibt die Münchner Zeitung weiter. „Nicht mal mit dem Fahrrad ist sie irgendwo hingefahren“, erzählte die Mutter des Mädchens. Wenn sie doch aus dem Haus musste, wurde sie immer per Fahrdienst gebracht. Bei dem Besuch eines Festes in der Gemeinde habe sie die Polizei geschützt. Die Mutter sagte dazu: „Wir als Eltern hätten das psychisch gar nicht geschafft, dort mit hinzugehen, so viel Angst hatten wir um unser Kind.“
Tochter weg gebracht
Die Familie habe unter riesigem Druck gestanden. Sie habe nicht über die Drohungen sprechen können, „ohne in Tränen auszubrechen“, sagte die Mutter im Zeitungsinterview. Am Wochenende hatte der Stalker seinem Opfer sogar mit dem Tod gedroht. „Wir haben unsere Tochter kurzfristig weggebracht und versteckt, weil wir echt nicht gewusst haben, was der weiß und was er nicht weiß“, sagte der Vater zu Antenne Bayern.
"Wir haben jedem misstraut"
Das müssen Sie über Stalking wissen
Unter Stalking versteht man das wiederholte Verfolgen oder Belästigen eines anderen Menschen.
Der Begriff ist vom englischen "to stalk" abgeleitet. Das bedeutet jagen, heranpirschen, verfolgen.
Sehr häufig stehen oder standen Täter und Opfer beim Stalking in einer Beziehung, waren etwa einmal zusammen, hatten zusammen gearbeitet oder kennen sich aus der Nachbarschaft.
Auch abgewiesene Verehrer stecken oft hinter Stalking-Attacken.
Stalking äußert sich zum Beispiel in (nächtlichem) Telefonterror, in Schikanen, Verleumdungen, Auflauern an der Wohnung oder am Arbeitsplatz oder Bestellungen unter falschem Namen.
In extremen Fällen wurden Stalking-Opfer von Tätern auch verletzt oder sogar getötet.
Etwa 90 Prozent der Opfer beim Stalking sind Frauen.
Stalking ist in Deutschland eine Straftat. Auf die sogenannte „Nachstellung“ (§ 238 StGB) steht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahre.
Im Jahr 2011 verzeichnete die Polizeiliche Kriminalstatistik 25.038 Fälle von Nachstellung.
Stalking-Opfer sollten sich möglichst frühzeitig an die Polizei wenden. Diese kann zum Beispiel Kontaktverbote oder einen Platzverweis aussprechen.
Opfer sollten unbedingt und möglichst frühzeitig auch ihre Bekannten und Verwandten über die Attacken informieren.
Auch anwaltliche Beratung ist sinnvoll, etwa, um gegen den Täter zivilrechtlich vorzugehen.
Die Familie litt offenbar sehr unter der Ungewissheit, wer sich hinter den Drohungen verbirgt. „Wir haben jedem misstraut, es gab nur noch ganz, ganz wenige, die wir in unser Haus gelassen haben“, erzählte die Mutter des Opfers dem Münchner Merkur. Enge Freunde hätten die 17-Jährige aus Rücksicht nicht mehr kontaktiert. „Ich habe mich nicht mehr gemeldet, weil ich gewusst habe, dass du mich auch verdächtigst“, habe ein Freund in einer Nachricht geschrieben - als der geständige Stalker schon hinter Gittern saß.
Dem Stalker drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis. Gestellt hatte ihn die sechsköpfige Ermittlungsgruppe „Nachruf“. "Man ist darauf angewiesen, dass der Täter verrückt oder dumm ist“, sagte Münchens Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer dem Münchner Merkur. Schmidbauer kritisierte die Datenschutzbestimmungen, die es nicht erlauben, Kommunikationsdaten zu speichern. So gingen wertvolle Hinweise aus den vergangenen Monaten verloren.
Falsche Todesanzeige aufgegeben
Der Fall hatte vergangene Woche für Schlagzeilen gesorgt. In einer Todesanzeige in der Süddeutschen Zeitung war eine 17-Jährige aus Ismaning betrauert worden. „Unsere liebe Steffi hat uns heute für immer verlassen. Sie wurde heute viel zu früh aus ihrem jungen und erfüllten Leben gerissen (...) Wer das Glück hatte, Steffi in ihrem Leben zu begegnen, der wird wissen welches Glück wir hatten. Wir werden dich nie vergessen", hieß es in dem Text unter anderem.
Doch wie sich sehr schnell herausstellte, war die Todesanzeige falsch. Das Mädchen lebt. Und die Anzeige war auch nicht von den Eltern der 17-Jährigen aufgegeben worden, sondern von einem Unbekannten. Inzwischen ist der mutmaßliche Stalker gefasst. Der 43-jährige Ex-Arbeitskollege hat die Taten eingeräumt. AZ, dpa