Der Streit um die Schulpflicht der Kinder der Glaubensgemeinschaft „Zwölf Stämme“ geht in eine neue Runde. Wenige Wochen vor Beginn des Schuljahres hat die urchristliche Gemeinschaft erneut die Genehmigung einer sogenannten Ergänzungsschule beantragt. Das Kultusministerium hatte der bisherigen Privatschule der „Zwölf Stämme“ zum 31. Juli die Genehmigung entzogen. Die etwa 20 schulpflichtigen Buben und Mädchen der umstrittenen Gemeinschaft aus Klosterzimmern bei Deiningen (Kreis Donau-Ries) müssten damit vom Schuljahr 2013/14 an staatliche Schulen oder andere zugelassene Privatschulen besuchen.
Sekte hatte keinen geeigneten Lehrer mehr
Grund für die Schließung der bisherigen Ergänzungsschule war, dass die „Zwölf Stämme“ zuletzt keinen geeigneten Lehrer mehr benennen konnten. Kultusminister Ludwig Spaenle hatte der Glaubensgemeinschaft dafür mehrere Fristen gesetzt und schließlich den Schlussstrich unter die Diskussion um die Schule gezogen. Nun sei im Ministerium ein neuer Antrag eingegangen, in dem auch zwei Lehrkräfte benannt worden seien, sagt Ministeriumssprecher Ludwig Unger. Die Glaubensgemeinschaft will sich nicht zu dem neuen Antrag äußern.
Zwölf Stämme: Regierung von Schwaben prüft Qualifikation der Lehrer
Die Regierung von Schwaben wird laut Unger nun kontrollieren, ob die genannten Lehrer qualifiziert sind. Trotz des seit Jahren anhaltenden Streits muss das Ministerium den neuen Antrag prüfen. „Der Antrag ist zu bearbeiten und wird bearbeitet“, betont Unger. Wenn die Lehrer geeignet seien, könne es sein, dass der Glaubensgemeinschaft wieder die Erlaubnis zum Betrieb einer Schule erteilt werde.
Auch das Landratsamt in Donauwörth betont, dass die neuen Argumente der Gemeinschaft geprüft werden müssten. Nach Angaben einer Sprecherin der Kreisbehörde wird es am 10. September – zwei Tage vor Beginn des neuen Schuljahrs – ein Abstimmungsgespräch in München geben.
Mitglieder der Sekte weigern sich, ihre Kinder auf staatliche Schulen zu schicken
Die Mitglieder der „Zwölf Stämme“ haben sich bislang immer geweigert, ihre Kinder in staatliche Schulen zu schicken. Die Gemeinschaft begründet dies mit ihrer Religion, macht „Gewissensgründe“ geltend. Ein Grund ist der Sexualkundeunterricht. Der Streit eskalierte im Jahr 2004. Damals kamen Väter in Erzwingungshaft, weil sie die Schulpflicht seit Jahren missachteten. Anfang 2006 wurde der Glaubensgemeinschaft dann genehmigt, ihre Kinder in eigener Verantwortung zu unterrichten. Für das bevorstehende Schuljahr hat die Glaubensgemeinschaft laut Unger bisher noch kein Kind an einer anderen Schule angemeldet. Allerdings sei dafür noch Zeit bis zum Ferienende.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Güll, Vorsitzender des Bildungsausschusses, verlangt, dass neben der Qualifikation der Lehrer auch die Inhalte der beantragten Schule „ganz gewissenhaft“ geprüft werden. Im Unterschied zur Vergangenheit dürfe das Ministerium im Fall der „Zwölf Stämme“ keine „Konzessionsentscheidung“ machen, sondern müsse Härte zeigen. „Ich erwarte, dass das Ministerium eine klare Ansage macht“, sagte Güll. Solange der Glaubensgemeinschaft keine neue Privatschule genehmigt wurde, müssten die Kinder auf andere Schulen geschickt werden. In der Vergangenheit gab es auch immer wieder Prügelvorwürfe gegen die „Zwölf Stämme“. AZ, dpa