Das große Konzert findet nebenan statt. Die Ordner vor der Olympiahalle müssen ab und an Besucher umdirigieren. Nein, Bon Jovi spielt drüben im Stadion auf. Hier ist P!nk. Hier ist die große Show.
Pink in München: Der Start mit einem Riesenknaller
Der Auftakt für das „The Truth about Love“-Konzert ist atemberaubend und gibt den Takt für die nächsten knapp zwei Stunden vor. Frau Moore schießt, an Gummiseilen gezogen, aus der Tiefe des Bühnenbodens hervor, wird einige Meter hinaufkatapultiert, wird von einem ihrer Mittänzer, Mitakrobaten aufgefangen, beginnt zu singen, fällt nach unten, steigt wieder nach oben, wie ein menschliches Jojo, meterhoch über den Köpfen eines mitgerissenen Publikums. P!nk auf der „The Truth about Love“-Tour, das ist die konsequente Fortschreibung des von ihr in den vergangenen Jahren eingeschlagenen Weges: Rock meets Circus.
Pink ist unglaublich fit
Die unglaublich fitte Frau, immerhin bald 34 Jahre jung, begnügt sich nicht mit tänzerischen Einlagen (unterstützt von einer achtköpfigen Profitruppe) sondern dreht die Show immer wieder ins Akrobatische, Atemberaubende. Man möchte ihr zurufen: Mädel, komm da runter, das ist doch gefährlich. Und jetzt bist Du doch auch noch Mama. Aber Frau Moore hat Spaß am Nervenkitzel. „Ich mache gerne Sachen, die mich nervös machen“, sagt sie an einer Stelle des Konzerts. Damit meint sie allerdings ausgerechnet einen der wenigen ruhigen Momente in der Show, als sie alleine am Klavier „The Great Escape“ spielt. Wo sie doch gar nicht wirklich Klavier spielen könne. Und auf der Gitarre auch nur zweieinhalb Lieder zustande bringe.
„Truth about Love“-Konzert: Konsequent durchprogrammiert
Das „Truth about Love“-Konzert ist eine konsequent durchprogrammierte Show, die aufgrund der vielen technischen Gimmicks keinen Raum für Improvisationen und Abweichungen lässt. Während der Songs ist P!nk im Konzept gefangen, jeder Schritt, jeder Sprung ist durchchoreografiert, so exakt, dass beim Duett „Just give me a reason“ ihr Gesangspartner Nate Ruess perfekt per Video zugespielt werden kann.
Pink hinterlässt den Eindruck einer bodenständigen Person
Die wirklich große Kunst von Frau Moore ist es aber, dass sie am Ende nicht als seelenlose Tanzpuppe und perfekt funktionierende Akrobatin herüberkommt, sondern den Eindruck einer eigentlich bodenständigen, spontanen Person hinterlässt, die mit ihrem Rabauken-Image ironisch spielen kann.
Das schafft sie mit ihren Zwischenansagen, zu denen ihr die Hardcore-Fans die Vorlage liefern, indem sie kubikmeterweise Stofftiere als Geschenke für das Töchterchen auf der Bühne deponieren. Was Mama Moore immer wieder dankend und anerkennend kommentiert und mit Autogrammen und im Einzelfall sogar mit einem Küsschen für den Spender belohnt. Pink tröstet Mädchen – mitten im Konzert
Musikalisch ist das Konzert auf Pinks aktuelles Album gestützt
Musikalisch stützt sich das Programm, wie es der Titel schon ankündigt, vor allem auf das aktuelle Album „The Truth about Love“. Wer nur eine Greatest-Hits-Jukebox erwartet, der wird leicht enttäuscht sein. Hier steht das Konzept im Vordergrund. Wenn es an der großen Show der kleinen Frau etwas auszusetzen gibt, dann vielleicht nur, dass sie sich nahe am optischen und akustischen Overkill bewegt.
Die Lautstärke ist zwischendurch nahe brachial gedreht, was dem Klang nicht gut tut, die Action auf der Bühne plus Einspielungen auf den Videoleinwänden so vielfältig, dass die Aufnahmefähigkeit fast überfordert wird. Umso großartiger, weil klarer, eindeutiger die letzte, finale Showeinlage. An Seilen gezogen schwebt P!nk wie die Disney-Figur Tinkerbell durch den weiten Raum der Olympiahalle. Stark begonnen, stark beendet. Im Vergleich zu Bon Jovi das kleinere Konzert, aber die größere Show.