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Lebensmittel: Pferdefleischskandal größer als angenommen: Auch Bayern betroffen

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Pferdefleischskandal größer als angenommen: Auch Bayern betroffen

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    Ein Großhändler in den Niederlanden steht unter Verdacht, unkontrolliertes Pferdefleisch verarbeitet zu haben.
    Ein Großhändler in den Niederlanden steht unter Verdacht, unkontrolliertes Pferdefleisch verarbeitet zu haben. Foto: Andreas Gebert/Archiv (dpa)

    Noch größer als zunächst angenommen ist der europaweite Betrug mit falsch deklariertem Pferdefleisch, der vor einigen Monaten aufgedeckt wurde. Ein niederländischer Großhändler soll nach Angaben der dortigen Behörden schon seit mehr als zwei Jahren

    50 Millionen Kilo Fleisch falsch deklariert

    50 Millionen Kilogramm Fleisch: Die Menge ist unvorstellbar. Sie entspricht etwa der Ladung von 2000 großen Lastwagen - und muss nun in 16 Ländern aufgespürt werden, vor allem in den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und Spanien. Keiner weiß, ob die Ware des Großhändlers Willy Selten Pferdefleisch enthält und ob es schädlich ist. Genau das aber ist das Problem. Die Herkunft des Fleisches ist unklar, und daher kann die niederländische Kontrollbehörde für Lebensmittel die Sicherheit nicht garantieren.

    Es sei noch unklar, welche Menge in den Freistaat gelangte, sagte eine Sprecherin des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) am Donnerstag in Erlangen. Derzeit würden die Lieferdaten ermittelt. Sollten noch Produkte im Umlauf sein, würden diese sofort aus dem Handel genommen. Eine Gesundheitsgefahr für die Verbraucher habe nicht bestanden. Laut EU-Kommission sind zwischen dem 1. Januar 2011 und dem 15. Februar 2013 rund 50 000 Tonnen falsch etikettiertes Fleisch, das mit Pferdefleisch vermischt war, gehandelt worden.

    In Tiefkühl-Produkten könnte noch immer Pferdefleisch stecken

    Pferdefleisch in Deutschland

    Pferdefleisch gilt in vielen Ländern Europas als Delikatesse. Besonders in Frankreich, Italien und Island ist der Verzehr nicht außergewöhnlich. Zum Teil werden besondere Schlachtfohlen gezüchtet.

    In Deutschland kommt Pferdefleisch eher selten auf den Teller.

    Im Jahr 2011 wurden in der Bundesrepublik nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 11 200 Pferde geschlachtet.

    Gegenüber dem Vorjahr war das zwar ein Anstieg von 16 Prozent, doch bleibt damit der Anteil von Pferden bei der Fleischerzeugung mit deutlich unter 0,3 Prozent verschwindend gering.

    In Deutschland bieten meist spezialisierte Rossschlachter Produkte aus dem Fleisch von Schlachtpferden an, seit einer Gesetzesänderung in den 90er Jahren sind aber auch andere Fleischereien dazu berechtigt.

    Hierzulande wird Pferdefleisch vor allem als Grillwurst, Gulasch oder Roulade konsumiert.

    Auch für den traditionellen Rheinischen Sauerbraten wird in der authentischen Zubereitung nicht Rindfleisch, sondern das deutlich zartere und fettärmere Pferdefleisch verwendet.

    Ernährungsexperten geben den Fettgehalt von magerem Pferdefleisch mit 3 Prozent gegenüber 6 Prozent beim Rind an. Bei fettem Fleisch sind es 16 zu 31 Prozent. 100 Gramm Pferdefleisch enthalten etwa 3,5 Milligramm Eisen, bei der gleichen Menge Rindfleisch sind es nur 1,9 Milligramm.

    Dennoch sind die Behörden verschiedener Länder alarmiert. Sie bemühen sich, das Fleisch zurückzuverfolgen und zu ermitteln, wohin es gelangte. Die EU-Kommission rief dazu auf, die Produkte zu finden und vom Markt zu nehmen. Der größte Teil der 50 000 Tonnen Fleisch wurde laut den niederländischen Kontrollbehörden vermutlich gegessen. Doch gerade in Tiefkühl-Produkten könnte noch immer Schummelfleisch stecken.

    "Wenn man nicht weiß, woher das Fleisch kommt, ist es prinzipiell nicht für den menschlichen Verzehr geeignet", sagte der Sprecher der niederländischen Kontrollbehörde, Benno Bruggink. Konkrete Hinweise auf Gefahren für Verbraucher gebe es aber nicht. Das betonte auch Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). Es seien praktisch alle Bundesländer tangiert, sagte sie und schloss nicht aus, dass falsch etikettiertes Fleisch auch in Deutschland schon gegessen wurde. Der Verzehr solcher Produkte sei aber nicht gesundheitsgefährdend.

    Pferdefleischskandal: Deutscher Einzelhandel fordert stärkere Lebensmittel-Kontrollen

    Verbraucherverbände, Politik und die Lebensmittelbranche verlangten eine schnelle Aufklärung. Der deutsche Einzelhandel setzte sich zudem für stärkere Lebensmittel-Kontrollen ein. "Die staatlichen Kontrollen müssen besser vernetzt werden", sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, am Donnerstag in Düsseldorf. Die Zuständigkeit liege hierzulande bei den einzelnen Bundesländern und sei dort in den Kreisverwaltungen angesiedelt. Kriminelle Machenschaften machten aber an den Landesgrenzen nicht halt. Außerdem sollte die Zahl der staatlichen Lebensmittel-Kontrolleure erhöht werden, meinte der

    Die Verbraucherorganisation foodwatch forderte ein strengeres Durchgreifen der Europäischen Union. Der Fall zeige "in erschreckender Deutlichkeit, dass bestehende Gesetze nicht durchgesetzt werden", erklärte der stellvertretende Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt.

    Der Großhändler Willy Selten will gegen Pansch-Vorwürfe vorgehen

    Der verdächtige Unternehmer Willy Selten aus den Niederlanden will gerichtliche Schritte gegen die Kontrollbehörde unternehmen. Die Maßnahme sei unbegreiflich, sagte sein Anwalt Frank Peters dem niederländischen Radio. "Das Fleisch kann man normal essen, und es wurde unter Aufsicht der Behörde verkauft."  dpa, afp, AZ

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