Heute entscheidet sich, ob die Unesco das Opernhaus in Bayreuth in das Weltkulturerbe aufnehmen wird. Am Mittwochabend noch debattierte die Bayreuther Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe mit dem Stadtrat über den Haushalt für dieses Jahr. Und gestern Nachmittag saß die Rathauschefin, seit zwei Monaten im Amt, im Flieger nach St. Petersburg. Erst kurz vor Mitternacht ist sie in Russland angekommen. Wenige Stunden später dürfte es für die 72 000-Einwohner-Stadt in Oberfranken vielleicht nicht um alles, aber doch um ziemlich viel gehen. In St. Petersburg tagt noch bis zum 6. Juli das Welterbekomitee der Unesco. Das Gremium entscheidet, welche der 33 vorgeschlagenen Kultur- und Naturstätten in die Welterbeliste aufgenommen werden. Deutschland hat die Kurfürstliche Sommerresidenz Schwetzingen (Baden-Württemberg) nominiert – und eben das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth. Und um das Opernhaus soll es heute Vormittag gehen. So sah es zumindest der Zeitplan vor.
Oberbürgermeisterin ist optimistisch
Die Rathauschefin verbreitete am Donnerstag vor ihrem Abflug schon einmal Optimismus. „Unsere Bewerbung ist so gut, dass ich glaube, dass wir zum Zug kommen“, sagte sie gegenüber unserer Zeitung.
Besterhaltenes Beispiel barocker Opernkultur
Das Markgräfliche Opernhaus (1746–1750) ist jedenfalls „heute das bedeutendste und besterhaltene Beispiel höfischer Opernhausarchitektur und Opernkultur des Barocks. Es ist weltweit die einzige Spielstätte, an der die Kunstgattung ,Opera seria‘ als Ausdruck und Repräsentationsform des politischen Systems Absolutismus authentisch erfahren werden kann“, heißt es in der Begründung des Unesco-Antrages.
Opernhaus Bayreuth erfolgreich vor Beschädigungen bewahrt
Offenbar sorgte man in Bayreuth mit mehr Glück für die Beleuchtung des Opernhauses oder hantierte vorsichtiger auf der Bühne mit Kerzen und Öllampen. Elektrisches Licht gab es zu der Zeit noch nicht. Und nicht selten wurden die Theaterhäuser durch Feuer zerstört. Fachwerk, Holz und bemalte Leinwände lieferten den Flammen beste Nahrung.
Keine Zerstörung im Zweiten Weltkrieg
Auch von Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs blieb das Opernhaus verschont. Es ist ein kultureller Coup der Markgräfin Wilhelmine (1709–1758), die ursprünglich den englischen Thronfolger hätte heiraten sollen. Die Schwester von Friedrich dem Großen landete aber schließlich in der Provinz und wurde „nur“ Markgräfin. Dem höfischen Leben auf dem Land verlieh sie Glanz. In einer Bauzeit von nur vier Jahren entstand in einer eher unbedeutenden Residenzstadt fern europäischer Metropolen eines der schönsten Opernhäuser überhaupt. Um das für unmöglich gehaltene Projekt zu verwirklichen, holte sie die Besten zu sich. Dazu gehörte der damals europaweit führende Theaterarchitekt Giuseppe Galli Bibiena.
Beteiligte halten sich bedeckt
Ob die außergewöhnlichen Anstrengungen vor rund 260 Jahren jetzt belohnt werden, dürfte voraussichtlich im Laufe des heutigen Tages bekannt gegeben werden. „Das läuft alles ziemlich unspektakulär ab“, hat sich die Oberbürgermeisterin schon mal von Informanten vor Ort berichten lassen. Und ihr wurde auch eingeschärft, dass Zurückhaltung Trumpf ist. „Man sollte es tunlichst unterlassen, Komiteemitglieder kurz vor der Entscheidung noch einmal von den Vorzügen Bayreuths überzeugen zu wollen. Das kommt angeblich nicht gut an“, sagt Merk-Erbe. Das weiß wohl auch Bernd Schreiber, Präsident der Bayerischen Schlösserverwaltung, ganz genau. Außer dem Satz: „Wir sehen einer Entscheidung mit Spannung entgegen“, ist dem neben dem bayerischen Finanzminister obersten staatlichen Schlossherrn nichts Offizielles zu entlocken.
Opernhaus wird ab Oktober generalsaniert
Ob mit oder ohne Weltkulturerbe-Titel: Wer das Opernhaus in seiner Pracht besichtigen möchte, muss sich sputen. Ab Oktober wird es generalsaniert. 19 Millionen Euro gibt der Freistaat dafür aus. Bis zum Jahr 2016 ist es dann nur noch sehr eingeschränkt oder gar nicht mehr zu besichtigen.
Schon Markgräfin Wilhelmine war begeistert
Auf das Barockjuwel sind nicht nur die Bayreuther heute stolz. Bereits die Bauherrin war es. An ihren Bruder schrieb Wilhelmine am 14. Mai 1748: „Dieser Tage habe ich das neue Opernhaus besichtigt. Ich war sehr erfreut darüber. Das Innere ist fast vollendet. Bibiena hat in diesem Theater die Quintessenz des italienischen und französischen Stils vereinigt. Man muss zugeben, dass er in seinem Fach ein unübertroffener Meister ist.“