Die Angeklagten im NSU-Prozess
Das sind die Beschuldigten im Münchner NSU-Prozess:
Beate Zschäpe: Sie tauchte 1998 gemeinsam mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt unter, um einer drohenden Festnahme zu entgehen. Die drei Neonazis aus dem thüringischen Jena gründeten eine Terrorgruppe und nannten sich spätestens ab 2001 Nationalsozialistischer Untergrund (NSU).
Ralf Wohlleben: Der ehemalige Thüringer NPD-Funktionär mit Kontakten zur militanten Kameradschaftsszene soll Waffen für das Trio organisiert haben. Der 40-Jährige wurde am 29. November 2011 verhaftet. Nach Ansicht der Ermittler wusste er von den Verbrechen - er ist wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.
Carsten S.: Der 35-Jährige hat gestanden, den Untergetauchten eine Pistole mit Schalldämpfer geliefert zu haben. Er ist wie Wohlleben wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.
Andre E.: Der gelernte Maurer (35) war seit dem Untertauchen 1998 einer der wichtigsten Vertrauten des Trios und soll die mutmaßlichen Rechtsterroristen zusammen mit seiner Frau regelmäßig besucht haben. E. ist als mutmaßlicher Unterstützer der Gruppe angeklagt.
Holger G.: Der 40-Jährige gehörte wie Wohlleben und die drei Untergetauchten zur Jenaer Kameradschaft. Er zog 1997 nach Niedersachsen um. G. spendete Geld, transportierte einmal eine Waffe nach Zwickau und traf sich mehrfach mit dem Trio. Auch G. ist als mutmaßlicher Unterstützer der Gruppe angeklagt.
Die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe könnte durch eine überraschende Zeugenaussage belastet werden. Am Rande des NSU-Prozesses vor dem Oberlandesgericht (OLG) München sagte die Nebenklagevertreterin Doris Dierbach dem Bayerischen Rundfunk, Zschäpe sei von einer Zeugin "in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang" mit zwei Morden in Tatortnähe gesehen worden. Derweil lehnte das OLG in dem Verfahren erneut Befangenheitsanträge gegen die Richter ab.
Die Zeugin will Zschäpe in Dortmund und Kassel gesehen haben
Die Bundesanwaltschaft wirft dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zehn Morde vor - neun davon an Migranten - sowie zwei Bombenanschläge und zahlreiche Überfälle. Laut Anklage sollen die 2011 verstorbenen mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die Morde begangen haben, Zschäpe soll nicht an den Tatorten gewesen sein. Sie wurde wegen ihrer Bedeutung für die Existenz des NSU dennoch als Mittäterin an den Morden angeklagt.
Bislang gab es noch keine Zeugen, die Zschäpe in der Nähe der Mordtatorte gesehen hatten. Dierbach sagte nun dem BR zu ihrem Antrag, die zuvor noch nicht bekannte Zeugin zu vernehmen: "Diese Zeugin kann was dazu sagen, dass in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit zwei Mordtaten - nämlich der Mordtat in Dortmund und der Mordtat in Kassel - Frau Zschäpe in Dortmund vor Ort gewesen ist und zwar zusammen mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt."
Auch ein Skinhead soll mit Beate Zschäpe unterwegs gewesen sein
Die Frau soll Zschäpe demnach nicht nur mit Mundlos und Böhnhardt, sondern auch einem Skinhead gesehen haben. Wann die neue Zeugin befragt werden könnte, ist noch offen. Das Gericht muss den Antrag auf ihre Vernehmung noch behandeln. Dierbach sprach im BR von einem "schwer wiegenden Indiz", dass Zschäpe nicht wie von der Anklage angenommen vor allem für Böhnhardt und Mundlos den Haushalt gemacht hat.
Die zwei Morde, um die es bei der beantragten Zeugenvernehmung geht, sollen die NSU-Terroristen im April 2006 verübt haben: Am 4. April 2006 wurde der Kioskbesitzer Mehmet Kubasik in seinem Geschäft ermordet. Zwei Tage später wurde Halil Yozgat, der Betreiber eines Internetcafés in Kassel, in seinem Geschäft erschossen.
Zschäpe-Verteidiger wollte mehr Geld vom Gericht
Die wegen zwei Befangenheitsanträgen der Zschäpe-Verteidiger gegen das Gericht unterbrochene Beweisaufnahme konnte am Donnerstag ohne weitere Verzögerung fortgesetzt werden. Eine andere Kammer des OLG wies die Befangenheitsanträge als unbegründet zurück. Diese drehten sich um die Forderung des Zschäpe-Pflichtverteidigers Wolfgang Stahl nach einem Vorschuss auf sein Honorar. Stahl wollte 77.000 Euro für 770 Stunden Arbeit im Ermittlungsverfahren, das OLG billigte ihm als Vorschuss nur 5000 Euro.
Den Verdacht der Befangenheit begründeten die Verteidiger damit, dass durch den geringen Vorschuss eine effektive Verteidigung erschwert werde. Einen zweiten Antrag begründeten sie mit dem Verdacht auf eine Voreingenommenheit des Gerichts. Ein anderer Senat des OLG entschied nun, dass die vorgetragenen Gründe keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richter begründen könnten. dpa/AZ