Nach der glückliche geendeten Entführung des behinderten Sohnes von Milliardär Reinhold Würth sucht eine Sonderkommission der Polizei weiter nach den Kidnappern. Eine Reihe von Zeugenhinweisen sei eingegangen, denen die Polizei nachgehe, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Gießen am Montag.
Markus Würth – seit einem Impfunfall in der Kindheit behindert – war aus der betreuten Einrichtung in Sassen in Osthessen am Mittwoch entführt worden. Nach einer Lösegeldforderung über drei Millionen Euro ließen die Entführer ihr Opfer gefesselt an einem Baum im Wald nahe der A3 zurück. Würth wurde am Donnerstagmorgen befreit. Nun läuft die Fahndung nach dem Entführer oder den Entführern. Sohn des Milliardärs Würth muss Qualen ausgestanden haben
Hatten Entführer des Würth-Sohnes Insider-Wissen?
Der Geschäftsführende Direktor des Kieler Instituts für Krisenforschung, Frank Roselieb, vermutet Profis mit Insiderwissen als Täter. Aber in Sassen war es kein Geheimnis, dass der 50-jährige Markus Würth dort lebte: „Das weiß ja hier jeder im Ort“, sagte ein Anwohner. Möglicherweise lässt die Art der Fesselung Rückschlüsse auf die Entführer zu – oder die Wahl des Ortes, an den das Opfer gebracht wurde. Vielleicht gibt es Spuren an der Kleidung des Entführten. Denkbar ist auch, dass ein Handy eines Entführers im Wald bei Würzburg Kontakt zum nächsten Funkmast suchte. Hat sich das Handy auch in der Nähe des Entführungsortes eingewählt, könnte das ein Hinweis auf den oder die Täter sein.
Die Stimme des Entführers dürfte die Polizei – die sich zur Ermittlung völlig bedeckt hält – nicht auf Band haben: Die Lösegeldforderung soll in der Konzernzentrale in Künzelsau eingegangen sein. Nach der Nacht, die der Sohn des Milliardärs an einen Baum gefesselt im Wald verbringen musste, wäre es naheliegend, ihn schonend in seine gewohnte Umgebung zurückzubringen. Aber nun weiß alle Welt, wo er lebt – eine Einladung für mögliche Nachahmungstäter.
Behinderte Menschen leiden unter dem Entführungsfall
Schon jetzt leiden dort 250 behinderte Menschen unter der erhöhten Aufmerksamkeit. Die Anfahrtswege sind abgesperrt. An Feldwegen haben sich Polizisten postiert, um Neugierige fernzuhalten. Dass es rund um die Einrichtung zuweilen Unruhe gibt, daran sind die Bewohner gewöhnt. „Da verschwindet schon mal einer. Die gehen spazieren und finden dann nicht mehr zurück“, sagt Gaby Habl, deren Vater im Ort wohnt. Doch eine Entführung ist eine neue Dimension.