Augsburg In Bayern werden 213 Krankenhäuser, die über eine Intensivstation mit Beatmungsplätzen verfügen, von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) betreut. Die DSO koordiniert in Deutschland die Organspende – und ist dazu auf eine enge Zusammenarbeit mit den Kliniken und Transplantationszentren angewiesen. Doch 40 Prozent der in Frage kommenden Krankenhäuser im Freistaat haben im vergangenen Jahr keinen Kontakt zur DSO aufgenommen. Das bestätigte gestern Dr. Thomas Breidenbach, Geschäftsführender Arzt der DSO-Region Bayern, im Gespräch mit unserer Zeitung.
Breidenbach, zwischen 2001 und 2008 am Transplantationszentrum des Klinikums Augsburg tätig, nannte unterschiedliche Gründe für die fehlende Benachrichtigung: „Es gibt hier und dort Ärzte, die grundsätzlich nichts von der Organspende halten.“
In ländlichen Regionen sei man in kleinen Kliniken auch schon mal um das „Image“ der Einrichtung besorgt, die ja für die Gesundheit des Patienten verantwortlich ist. Da passe das Thema „Organspende“ nicht. Auch schreckten Häuser vor den Mühen einer Transplantation zurück. „Es ist aber nicht nur der hektische Arbeitsalltag oder fehlender Wille“, sagte der 47-Jährige. „Oft herrscht einfach Unkenntnis vor. Dann sollte man vor allem eines tun: uns anrufen.“
Die Transplantationsmedizin hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Heute können selbst bei einem 70 Jahre alten Patienten mit Vorerkrankungen Organe entnommen werden. Das war noch vor zehn Jahren so nicht denkbar. „Der älteste Organspender Deutschlands im vergangenen Jahr war 98 Jahre alt. Seine Leber hat einen anderen Menschen gerettet“, sagte Breidenbach. Man müsse um den medizinischen Fortschritt bei der Organtransplantation wissen, um grundsätzlich passende Spender nicht schon von vornherein auszuschließen.
Es ist aber auch durchaus möglich, dass einzelne Krankenhäuser im Jahr 2011 schlicht keine geeigneten Patienten für eine Organspende hatten, betonte der Geschäftsführende DSO-Arzt. Noch vor medizinischen Ausschlussgründen ist der Wille des Patienten und im Zweifelsfall der Angehörigen entscheidend und bindend.
Eine „Fehlanzeige“ müssen die Kliniken seit dem Jahr 2010 aber nicht mehr an die DSO melden. Einen möglichen Spender dagegen schon, dazu sind sie gesetzlich verpflichtet. Eigentlich. Sanktionen sind wegen fehlender Meldungen nicht vorgesehen. „Dafür gibt es keine rechtliche Grundlage“, teilte Bayerns Gesundheitsminister Marcel Huber (CSU) mit. Es bleibt lediglich der Appell an die Krankenhäuser im Freistaat, die Organspende nicht zu vernachlässigen.
Druck auf die Kliniken auszuüben, hält Breidenbach ohnehin für falsch. „Wir müssen mit unserem Anliegen überzeugen“, sagte er am Donnerstag und kündigte weitere Regionalkonferenzen der DSO in Bayern an. Dort kommen die Vertreter mehrerer Kliniken zusammen, tauschen sich aus und nehmen neue Erkenntnisse und frisches Wissen in ihre Häuser mit. Der Auftakt im vergangenen Jahr sei jedenfalls „vielversprechend gewesen“, lautet Breidenbachs Zwischenbilanz.
Bayern schneidet 2011 – trotz einer Dunkelziffer an möglichen Spendern – bei Organspenden im Vergleich zu den meisten der anderen acht DSO-Regionen in Deutschland noch günstig ab. Die Zahlen bewegen sich in etwa auf dem Niveau von 2010. Dagegen ist der bundesweite Wert um sieben Prozent zurückgegangen. Ein Grund für den Rückgang der Organspende könnte laut DSO in der wachsenden Zahl von Patientenverfügungen und einem vorzeitigen Therapieabbruch liegen.