Sie war damals in aller Munde, ein Novum, eine Sensation. Nach ihrer Eröffnung am 20. Dezember 1984 zog die Königstherme Erholungssuchende aus der ganzen Region und darüber hinaus an. Das großzügige Freizeitbad mit Saunenwelt, das die Stadt Königsbrunn (Kreis Augsburg) einen privaten Eigentümer und Betreiber auf städtischem Grund hatte bauen lassen, war damals einmalig in Süddeutschland. Nun ist es Geschichte, zumindest vorläufig.
Die Betriebsgesellschaft hat Insolvenz angemeldet, das Bad ist bereits seit drei Wochen geschlossen. Als der Königsbrunner Stadtrat vor wenigen Tagen es ablehnte, die Therme zu kaufen, war ihr Schicksal besiegelt. Der vorläufige Insolvenzverwalter Christian Plail (Schneider & Geiwitz) will sich heute erst mit Eigentümer und Geschäftsführer Uwe Deyle austauschen, ehe er Perspektiven für das Bad skizziert.
Schönheitsreparaturen sah man selten in der Königstherme
Das Ende der Königstherme hat Mitarbeiter und Stammgäste enttäuscht – aber sicher nicht überrascht. Sie haben ja am ehesten den langjährigen Niedergang des Bades, das Deyle gerne als die „Mutter aller Thermen“ bezeichnete, miterlebt. Die Liste der Versäumnisse ist lang.
Deyle hat spät und spärlich – und immer mit Zuschüssen der Stadt – in die Therme investiert. Anfang der 1990er Jahre kam ein Rutschenturm dazu, 2006 erhielt die Saunenwelt ein Solebad. Im Badbereich waren neue Duschen und Toiletten und ein überarbeitetes Kinderbecken fast die einzigen Veränderungen in 30 Jahren. Schönheitsreparaturen sah man nur selten.
Klagen über mangelnde Hygiene häuften sich, die Besucherzahl ging in den letzten Jahren stetig zurück. Eigentümer Deyle, der nach der Königstherme mehrere ähnliche Bäder in Deutschland baute und als Starwaters-Gruppe betrieb, sparte auch beim Personal – zuletzt sogar bei dessen Gehalt. Jetzt klagen über 20 Mitarbeiter wegen nicht bezahlter Löhne.
Nach Einschätzung der Stadt Königsbrunn knauserte Deyle auch mit Fakten zur aktuellen Situation der Königstherme. Deshalb schaltete sie, als Deyle gemeinsame Investitionen zur „Attraktivierung“ vorschlug, erst mal einen Gutachter ein. Der rechnet langfristig mit Kosten von 14 bis 16 Millionen Euro. Da waren für den Königsbrunner Stadtrat andere Investitionen in die Zukunft der Stadt wichtiger.
Zwischen der Stadt Neusäß und Deyle gab es Unstimmigkeiten
Rund 20 Kilometer weiter ist man froh, das Kapitel Deyle schon 2013 beendet zu haben: In der Neusässer Titania Therme war Starwaters – nur als Betreiber – im Boot. Gerade die zwei letzten Jahre der Zusammenarbeit zwischen der Stadt Neusäß als Besitzerin des Bades und Deyle hatten deren Verhältnis zerrüttet: 2012 musste das Bad wegen erhöhter Legionellenkonzentration befristet schließen, nach weiteren Unstimmigkeiten reichte die Stadt schließlich eine Räumungsklage gegen die Deyle-Gruppe ein.
„Es gab eklatante Defizite bei der Wasserqualität, aber auch beim Service“, so der Neusässer Bürgermeister Richard Greiner gestern. „Wir sind nach dem Ausstieg des Betreibers angetreten, das verloren gegangene Vertrauen wieder zurückzugewinnen.“ Das scheint gelungen: 2014 besuchten 220000 Gäste das Titania – in etwa so viele wie vor dem Legionellenbefund. Neuer Partner in der Betreibergesellschaft ist seit 2013 die GMF. Das Unternehmen betreibt 16 Bäder in vier Ländern. Mit ihm hat Neusäß den Vertrag gestern bis 2018 verlängert.
GMF-Geschäftsführer Rainer Pethran hat das vorläufige Aus der Königstherme verfolgt: „Wenn ein Bad schließt, profitiert ein anderes“, stellt er fest. Könnte GMF bei der Königstherme einsteigen? Dazu hält sich Pethran bedeckt. Er ahnt wohl: Der „Mutter aller Thermen“ ist nur mit Kosmetik nicht zu helfen.