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Landesbund für Vogelschutz: LBV-Präsident Schäffer: "Im Naturschutz ist nichts mehr heilig"

Landesbund für Vogelschutz

LBV-Präsident Schäffer: "Im Naturschutz ist nichts mehr heilig"

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    Norbert Schäffer ist der neue Präsident des Landesbunds für Vogelschutz
    Norbert Schäffer ist der neue Präsident des Landesbunds für Vogelschutz Foto: Nina Meier

    „Der Naturschutz ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“ Norbert Schäffer hatte das nicht gedacht, als er nach 20-jähriger Forschungstätigkeit von England nach Bayern zurückkehrte. Seit einem Jahr ist der Tierökologe nun Vorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) mit seinen 75.000 Mitgliedern. So erfreulich das ist, so besorgniserregend ist Schäffers Ansicht nach eine andere Entwicklung: der Angriff auf Naturschutzinstrumente wie die Europäische Vogelschutzrichtlinie, den Alpenplan und Naturschutzgebiete.

    Bei der Jahreshauptversammlung des LBV am Samstag in Schweinfurt griff der Vorsitzende einige eklatante Fälle auf. Beispiel Riedberger Horn (Oberallgäu): In diesem sensiblen Alpenschutzgebiet sollen trotz heftiger Proteste Skigebiete miteinander verbunden werden. Es ist einer der letzten Rückzugsräume für die vom Aussterben bedrohten Birkhühner. Hier balzen noch 30 Hähne, die Hühner brüten erfolgreich. Und im Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen soll im Bereich des Naturdenkmals Eisenbreche im Hintersteiner Tal ein Wasserkraftwerk gebaut werden. „Es ist nichts mehr heilig“, beklagt Schäffer.

    Auch die Wilderei, die Tötung bedrohter Tierarten, lassen dem 50-Jährigen keine Ruhe. „Dabei dachten wir, das Thema ist erledigt.“ Das ist es nicht, wie die Fälle in diesem Jahr zeigen. Zwei Luchsen wurden die Pfoten abgeschnitten, ein Uhu wurde mit einem Schrotgewehr erschossen, das Gelege einer Sumpfohreule abgefackelt. Schäffer: „Das ist kriminell und muss auch so verfolgt werden.“ Um der Wilderei Einhalt zu gebieten, berät sich Schäffer mit dem Jagdverband.

    Streit um Nationalpark Steigerwald lässt Emotionen hochkochen

    Der neue Vorsitzende wurde schon einmal kritisiert, weil er mit „Gegnern“ spricht. Organisationen, „die so manchem nicht als Partner von Natur- und Artenschutz einfallen“. Aber da entgegnet Schäffer: „Ich habe mir zum Ziel gesetzt, das Lagerdenken aufzuweichen.“ Deshalb redet er mit den Fischern, dem Bauernverband und den Bayerischen Staatsforsten – und er geht Partnerschaften ein. Ein Beispiel ist der Schutz des Schwarzstorchs. Der LBV hilft im Wald versteckte Horste zu finden. Drumherum herrscht dann in der Brutzeit Bewirtschaftungsruhe, es wird kein Holz geschlagen. Das ist auch beim Habicht so. Man könne sich aneinander reiben und trotzdem miteinander arbeiten, sagt der 50-Jährige.

    Der Streit um einen Nationalpark Steigerwald hat die Emotionen hochkochen lassen. Die Regionalkonferenzen, zu der Umweltministerin Ulrike Scharf eingeladen hatte, habe Ruhe einkehren lassen, lobt Schäffer. „Ich halte einen Nationalpark für das Richtige. Aber es gibt auch andere Instrumente, um unsere Ziele zu erreichen.“ Seine Forderung an die Adresse der Staatsforsten: 5000 Hektar zum Schutzgebiet zu erklären, um zu sehen, wie sich ein Buchenwald ohne Nutzung entwickelt.

    Naturschutz könne erfolgreich sein, sagt Schäffer. Das zeigen Tierarten wie Weißstorch, Schwarzstorch und Wiesenweihe. Zugeflogen sind See- und Fischadler. Diese Erfolge dürften aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass jedes Jahr biologische Vielfalt verloren geht – insbesondere in der Agrarlandschaft. Deshalb geht Schäffer auf die Bauern zu, die die Felder und Wiesen bewirtschaften. „Die konventionelle Landwirtschaft ist ein Fakt.“ Daran will er nicht rütteln. Man müsse aber gemeinsam diskutieren, wie man die Lebensverhältnisse von Feldlerche und Co. verbessern kann. Schäffer: „Das ist der Weg des LBV im Naturschutz.“

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