Die Münchner haben am Sonntag für eine Sensation gesorgt: Es ist ein Paukenschlag für die bayerische Politik und ein schwarzer Tag für den Flughafen. Die Startbahn-Gegner, also die Grünen und die betroffenen Anwohner jubeln: Ein Bürgerentscheid in München stoppt die dritte Startbahn.
Christian Ude (SPD) gratulierte bereits den Gegnern
Jetzt ist es offiziell: Die dritte Startbahn am Flughafen Franz Josef Strauß kann nicht wie geplant gebaut werden. Bei einem Bürgerentscheid in der Landeshauptstadt stimmte die Mehrheit der Wähler am Sonntag gegen das umstrittene Milliardenprojekt. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) kündigte an, er werde das Nein der Münchner "ohne Wenn und Aber" akzeptieren und in der Gesellschafterversammlung gegen den Bau der Bahn stimmen.
Ude sagte am Abend, es gebe zwar noch kein Endergebnis, es zeichne sich aber ein stabiler Trend gegen den Bau der Bahn ab. Man müsse das Ergebnis akzeptieren, sagte Ude und gratulierte bereits den Gegnern. Nach der Auszählung von 287 der insgesamt 320 Stimmbezirke stimmten knapp 55 Prozent der Münchner gegen das Projekt. Die Befürworter kamen dagegen bis dahin lediglich auf gut 45 Prozent.
Ude betonte, die Stadt werde nicht versuchen, das Bürgervotum zu umgehen. Er halte nichts von Tricksereien, sagte Ude. In der Sache halte er die Entscheidung allerdings für falsch. "Das ist ein Rückschlag für die Entwicklung des Flughafens", sagte Ude. Auch die Flughafengesellschaft bedauerte den Ausgang des Entscheids.
Startbahn-Gegner feiern ihren Erfolg
Die Startbahn-Gegner feierten ihren Erfolg. "Wir haben gekämpft, gekämpft. Und das ist unser Lohn heute", sagte die bayerische Grünen-Landesvorsitzende Theresa Schopper. Und die Fraktionschefin der Landtags-Grünen, Margarete Bause, jubelte: "Das Ergebnis ist auch ein bundesweites Signal: Die Politik des "schneller, höher, weiter" war gestern, die heute ist besser nachhaltiger und gerechter."
Konkret entschieden die Münchner Bürger mit ihrem Votum, dass die Stadt als Mitgesellschafter des Flughafens in der Gesellschafterversammlung gegen den Bau der neuen Startbahn stimmen soll. München ist zwar mit 23 Prozent kleinster Anteilseigner hinter Freistaat (51 Prozent) und Bund (26 Prozent) - da aber Einstimmigkeit der Gesellschafter nötig ist, hat München ein Veto-Recht und kann den Bau stoppen. Die direkt betroffenen Bürger in den Landkreisen rund um den Flughafen konnten dagegen am Sonntag nicht mit abstimmen.
Das Ergebnis des Bürgerentscheids ist theoretisch nur ein Jahr bindend für die Stadt. Bei früheren Bürgerentscheiden hatte sich die Politik aber auch danach nicht über den Bürgerwillen hinweg gesetzt. Ude sagte dazu am Sonntagabend, er werde den Willen der Münchner Bürger unabhängig von Regeln und Kommunalrecht ernst nehmen.
Für die Startbahn hatte sich - letztlich vergeblich - ein großes Bündnis von CSU, SPD und FDP stark gemacht, allen voran Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) und Oberbürgermeister Christian Ude (SPD). Seehofer und Ude hatten in einem gemeinsamen Appell für den Ausbau geworben. Es gehe um die Zukunft der Stadt und der Region, um mehr Wirtschaftskraft und tausende neue Arbeitsplätze, hatten die beiden argumentiert.
Die Grünen hatten Münchner Bürgerentscheid angestoßen
Grüne und Freie Wähler hatten dagegen massiv gegen das Projekt gekämpft - mit Unterstützung zahlreicher Betroffener in den Landkreisen rund um den Flughafen. Die Grünen hatten den Münchner Bürgerentscheid angestoßen - weil sie darin die einzige Möglichkeit sahen, den Bau zu stoppen. Ein bayernweiter Volksentscheid über derartige Projekte war juristisch bisher immer ausgeschlossen worden.
Die Gegner erklärten die dritte Startbahn für nicht notwendig - weil die Zahl der Starts und Landungen schon seit einigen Jahren stagniere und auch künftig nicht mehr stark steigen werde. Die Wachstumsprognosen des Flughafens seien deutlich überhöht, argumentierten sie. Tatsächlich war der bisherige Höchststand bei den Flugbewegungen im Jahr 2008 mit etwas mehr als 432.000 Flugbewegungen erreicht worden - seither liegt der Wert darunter. Zugleich hatten die Gegner der Argumentation der Befürworter widersprochen, dass der Flughafen ein Jobmotor sei. Zudem verweisen sie auf den Klima- und Umweltschutz und auf enorme zusätzliche Belastungen für die Anwohner.
Die Startbahn-Befürworter hatten das Projekt dagegen für unverzichtbar erklärt und auf das rasante Flughafen-Wachstum verwiesen: Seit 1992 hat sich die Zahl der Flugbewegungen mehr als verdoppelt und die Zahl der Passagiere auf heute 37,8 Millionen mehr als verdreifacht. 2025 werde mit mehr als 58 Millionen Passagieren gerechnet, prognostizierte der Flughafen - was die Gegner anzweifeln.
Dritte Startbahn sollte dem Flughafen weiteres Wachstum ermöglichen
Die dritte Startbahn sollte nördlich der beiden bestehenden Bahnen gebaut werden und dem Flughafen weiteres Wachstum ermöglichen. Nach dem Bau der dritten Bahn sollten stündlich bis zu 120 Flugzeuge in München starten oder landen können - heute sind es maximal 90.
Der Münchner Flughafen Franz Josef Strauß ist der zweitgrößte deutsche Airport und in Europa aktuell die Nummer sechs. Im vergangenen Jahr nutzten 37,8 Millionen Fluggäste den Flughafen - so viele wie nie zuvor. Weltweit steht der Airport auf Platz 27. AZ/dpa