Kommen in Bayerns Kindergärten die Jüngsten zu kurz? Wenige Wochen vor der Einführung des neuen Anspruch auf Krippenplätze: Ab 1. August drohen Klagen konfrontiert eine Studie: Ungleiche Bildungschancen von Kita-Kindern viele Eltern jetzt mit ernüchternden Zahlen. Danach betreut eine Erzieherin in Bayern je nach Einrichtung zwischen vier und acht Kinder. Für eine gute Betreuung der Kleinsten wäre nach Einschätzung der Stiftung jedoch ein Betreuungsschlüssel von 3:1 nötig.
In den klassischen Krippen für Kleinkinder liegt der Freistaat mit einer Vollzeitkraft für 3,9 Kinder zwar deutlich besser als der Bundesdurchschnitt von einer Erzieherin für 4,5 Kinder. Jedes fünfte Kind unter drei wird in Bayern jedoch in Gruppen mit älteren Kindern betreut, in denen die Personalschlüssel mit acht Kindern und mehr für einen Erzieher deutlich schlechter sind. Stiftungsvorstand Jörg Dräger hält dies für ein großes Manko. „Für die Qualität von frühkindlicher Bildung ist es von entscheidender Bedeutung, wie viele Kinder eine Erzieherin zu betreuen hat.“ Es habe sich gezeigt, so Dräger, dass Kinder in kleineren Gruppen ihre sprachlichen, kognitiven und sozialen Fähigkeiten besser entwickeln.
Bertelsmann Stiftung: Zu wenig Personal in Bayerns Kitas
Im vergangenen Jahr besuchten in Bayern 91 Prozent aller Kinder zwischen drei und sechs Jahren einen Kindergarten oder eine Kindertagespflege, das sind etwas weniger als der bundesweite Durchschnitt von 94 Prozent.
Deutlich größer sind die Unterschiede bei der Ganztagsbetreuung: Während bundesweit mehr als 41 Prozent aller Drei- bis Sechsjährigen 35 Stunden und mehr pro Woche betreut werden, sind es im Freistaat nur knapp 30 Prozent. In Ostdeutschland gehen sogar sieben von zehn Kindern zwischen drei und sechs ganztags in den Kindergarten.
Durchaus positiv beurteilt die Stiftung die Investitionsbereitschaft der Landesregierung und der Kommunen. Die Ausgaben für die frühkindliche Bildung und Betreuung seien in den vergangenen Jahren auch in Bayern „sehr deutlich“ gestiegen – mit 2.950 Euro pro Kindergartenkind lagen sie im Jahr 2010 allerdings noch weit unter dem Bundesdurchschnitt von 3.514 Euro. Auch beim Personal hat der Freistaat offenbar noch Nachholbedarf, genauer gesagt bei dessen Ausbildung: Während bundesweit mehr als 72 Prozent der pädagogischen Kräfte in der Kinderbetreuung einen Abschluss als Erzieher haben, sind es zwischen Main und Alpenrand lediglich knapp 52 Prozent.
Betreuungsbedarf in Bayern unter dem Bundesdurchschnitt
Sozialministerin Christine Haderthauer sieht das nicht als Nachteil. Auch im Freistaat sorgten die Beschäftigten in Kindergärten und Krippen mit großem Engagement für Qualität in der Betreuung. Mit der Umschulung von Grundschullehrern oder der Weiterbildung von Kinder- oder Heilerziehungspflegerinnen gehe der Freistaat hier erfolgreich neue Wege. Die großen Unterschiede bei der Ganztagsbetreuung erklärt die CSU-Politikerin mit einer deutlich geringeren Nachfrage nach solchen Angeboten. Nicht alle Bundesländer verfügten über ein derart differenziertes System wie in Bayern, bei dem Eltern ihren Betreuungsbedarf nach Stunden abgestuft „buchen“ könnten.
Grob vereinfacht kommt der jährliche „Länderreport“ der Bertelsmann-Stiftung zu dem Schluss, dass im Westen der Republik Krippenplätze fehlen und im Osten dafür die Erzieherinnen und Erzieher. Besonders vorbildlich verhält sich danach der Stadtstaat Bremen, in dem eine Vollzeitkraft im vergangenen Jahr für 3,1 ganztags betreute Kinder in einer Krippe zuständig war. Schlusslicht ist mit einem Verhältnis von 1: 6,5 das Land Sachsen-Anhalt. Dieser Personalmangel, so Dräger, sei gegenwärtig die größte Hürde beim Einlösen des ab August geltenden Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz ab dem ersten Lebensjahr. Nach verschiedenen Studien unterscheidet sich der Betreuungsbedarf zwischen den einzelnen Bundesländern allerdings erheblich – er reicht von knapp 32 Prozent in Bayern bis zu knapp 61 Prozent in Sachsen-Anhalt.