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Waffenschein: Immer mehr Menschen in Bayern wollen eine eigene Waffe

Waffenschein

Immer mehr Menschen in Bayern wollen eine eigene Waffe

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    In Bayern besitzt im Schnitt jeder zehnte Bürger eine scharfe Waffe.
    In Bayern besitzt im Schnitt jeder zehnte Bürger eine scharfe Waffe. Foto: Jochen Tack, imago

    Es ist eine Entwicklung, die der Polizei zunehmend Sorgen bereitet: Immer mehr Bayern wollen sich eine Waffe zulegen. So steigt seit einiger Zeit die Zahl der Anträge auf einen sogenannten „kleinen Waffenschein“ für Reizgas- oder Schreckschuss- oder Signalwaffen. 2710 Menschen beantragten seit Jahresbeginn eine Erlaubnis eine derartige Waffe mit sich zu führen. Das seien deutlich mehr als im Vorjahr, bestätigt das bayerische Innenministerium. Die genauen Vergleichszahlen liegen dem Ministerium nicht vor. Der Trend wird allerdings deutlich, wenn man sich die Zahlen einiger Kommunen aus der Region anschaut.

    Anstieg der Waffenschein: Experten vermuten Flüchtingswelle als Grund

    Das Landratsamt Dillingen beispielsweise vergab in diesem Jahr bisher 29 kleine Waffenscheine. Im gesamten Vorjahr waren es nur drei. Auch im Unterallgäu kletterte die Zahl von 26 auf 40. Während im Landkreis Donau–Ries nur ein leichter Anstieg von 37 auf 41 zu verzeichnen war, verdoppelte sich in Augsburg die Inhaberzahl eines kleinen Waffenscheins innerhalb von zwei Jahren auf 90.

    Wo liegen die Gründe für diesen Anstieg? Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Bayern, Peter Schall kann nur mutmaßen: „Vielleicht liegt es an den steigenden Einbruchszahlen oder die Menschen fühlen sich wegen der vielen Flüchtlinge nicht mehr so sicher“, sagt der Polizist. Auch der Waffenexperte und Buchautor Lars Winkelsdorf sieht in der Einwanderungswelle einen Hauptgrund: „Das hat allerdings nichts mit Ausländerfeindlichkeit oder der Zahl der Flüchtlinge zu tun“, glaubt er. „Es liegt vielmehr daran, dass die Polizisten, die sich um die Flüchtlinge kümmern, auf der Straße fehlen.“

    Viele Menschen fühlten sich in ihrem Sicherheitsgefühl beeinträchtigt. „Wenn ein Streifenwagen, der früher dreimal täglich durch das Dorf gefahren ist, jetzt gar nicht mehr kommt, denken die Leute, sie müssten sich selbst um ihre Sicherheit kümmern“, sagt Winkelsdorf. Auch Terroranschläge verstärkten dieses Gefühl. „All das führt zu einem gestiegenen Sicherheitsbedürfnis der Menschen.“

    In Österreich nimmt der Kauf von halbautomatischen Waffen zu

    Diese diffusen Ängste lassen sich auch in unserem Nachbarland Österreich beobachten. Die 57-jährige Michaela S. lebt im vornehmen ersten Bezirk in Wien. Hier patrouilliert die Polizei unentwegt, eigentlich muss sich niemand unsicher fühlen. Doch Michaela S. glaubt, dass „die Polizei in Zukunft nicht mehr genügend Zeit für die ruhige Innenstadt hat“, wie sie sagt. „Deshalb brauche ich eine Pistole zur Selbstverteidigung“, erklärt sie, warum sie einen Antrag auf eine Waffenbesitzkarte stellt.

    Die Wienerin ist kein Einzelfall. Was vor kurzem noch als Gerücht durch Österreich waberte, nämlich dass vor allem die Käufe halbautomatischer scharfer Schusswaffen stark zunehmen, lässt sich jetzt mit Zahlen des Zentralen Waffenregisters belegen. Während im Sommer 2400 Menschen zu neuen Waffenbesitzern wurden, ließen sich allein im Oktober und November bereits 5910 Personen und damit mehr als doppelt so viele neu registrieren.

    Die Zahl der registrierten scharfen Schusswaffen ist in Österreich seit einem guten Jahr um etwa 70000 gestiegen. Insgesamt sind knapp über 900000 Pistolen, Revolver und Gewehre angemeldet. Damit hat durchschnittlich jeder zehnte Österreicher eine scharfe Waffe.

    Knapp jeder zehnte Bayer besitzt eine Schusswaffe

    In Bayern ist die Statistik mit 1,1 Millionen scharfen Schusswaffen bei rund 12,7 Millionen Einwohnern ähnlich. Hier ist die Zahl der scharfen tödlichen Schusswaffen allerdings in diesem Jahr um rund 12000 zurückgegangen. Dennoch ist Polizist Schall über die steigende Zahl der Schreckschusswaffen beunruhigt: „Es ist nicht zu begrüßen, wenn sich die Menschen bewaffnen – auch wenn es nur Schreckschusspistolen sind.“ Eine Gaspistole ist seiner Meinung nach häufig nur schwer von einer scharfen Waffe zu unterscheiden. Das könne zu gefährlichen Situationen führen, denn die Polizisten müssten in kurzer Zeit abwägen, ob sie auf einen Verdächtigen schießen oder nicht.

    Zudem seien auch Gaspistolen nicht ungefährlich. „Auf die kurze Distanz kann es durch den Gasdruck zu Quetschungen und Platzwunden kommen.“ Auch Knalltraumata kommen vor. Den kleinen Waffenschein für Schreckschusswaffen kann im Prinzip jeder beantragen, der älter ist als 18 Jahre. Voraussetzung er hat keine Vorstrafe über 60 Tagessätze und ist nicht drogenabhängig.

    Der faktische Nutzen einer Schreckschusspistole ist für Polizist Schall gleich null. Waffenexperte Winkelsdorf zeigt dagegen Verständnis für den Kauf von dieser Waffen. Sie seien durchaus ein effektives Mittel zur Selbstverteidigung und im Prinzip weniger gefährlich wie Knüppel, Messer oder Totschläger. Andere Experten halten einen Hund oder eine Alarmanlage für sinnvoller als eine Schusswaffe. Eine Studie der New York University zeigt, dass die Zahl der Menschen, die durch Schüsse sterben, von der Zahl der vorhandenen Schusswaffen abhängt. In den USA kommen auf 100 Einwohner 88,9 Feuerwaffen, in Österreich und Deutschland liegt die Zahl mit 30,4 beziehungsweise 30,3 pro 100 Einwohnern deutlich darunter.

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