Räumung in den Morgenstunden: Die Polizei hat den Hungerstreik von Asylbewerbern in München beendet. 44 der Streikenden, die seit Dienstag nichts mehr getrunken hatten, wurden nach Angaben der Stadt München in zwölf Krankenhäuser eingeliefert. Die Betroffenen aus Syrien, Afghanistan und anderen Ländern wollten mit der Aktion die sofortige Anerkennung ihrer Asylanträge erzwingen.
Camp wurde aufgelöst wegen drohender Lebensgefahr
Die Stadt hatte die Auflösung des Camps am innerstädtischen Rindermarkt nach sieben Tagen wegen der drohenden Lebensgefahr angeordnet. Zur Begründung hieß es, dass einige der Flüchtlinge zuvor schon wegen Austrocknung und Kreislaufschwächen in Krankenhäusern behandelt werden mussten.
Polizei soll brutal gegen die Asylbewerber vorgegangen sein
Unterstützer des Münchner Hungerstreik-Camps haben der Polizei ein brutales Vorgehen gegen die Asylbewerber vorgeworfen. Nach der Räumung des Lagers erklärte der Anmelder der ursprünglichen Kundgebung, Houmer Hedayatzadeh, Hungerstreikende seien "angegriffen, geschlagen und getreten" worden. Asylbewerber seien im Polizeipräsidium gezwungen worden, sich nackt auszuziehen und hätten dort trotz Lebensgefahr keinerlei medizinische Versorgung erhalten.
350 Beamte räumen Hungerstreik-Camp
Ein Großaufgebot von 350 Beamten hatte das Lager dann am Sonntag um fünf Uhr morgens aufgelöst.
Der Münchner Polizeivizepräsident Robert Kopp hatte erklärt, erst die Polizei habe es Ärzten ermöglicht, die zum Teil extrem geschwächten Hungerstreikenden - darunter drei Kinder - ins Krankenhaus zu bringen. Sogenannte Unterstützer hätten Notarztwagen blockiert. Gegen zehn Hungerstreikende sei bei der Räumung "unmittelbarer Zwang angewendet" worden, aber es sei niemand verletzt worden.
Dabei kam es laut Polizei zu Widerstand durch Sympathisanten der Hungerstreikenden. Zwölf Unterstützer der Flüchtlinge seien vorübergehend festgenommen und elf weitere kurzfristig in Gewahrsam genommen worden.
Zuvor war ein Vermittlungsversuch des ehemaligen Münchner Oberbürgermeisters Hans-Jochen Vogel (SPD) und des Vorsitzenden des Zentralrats der Katholiken, Alois Glück CSU), gescheitert. Sie hatten eine schnelle Prüfung der Asylanträge binnen 14 Tagen in Aussicht gestellt. Die Betroffenen hatten sich ihrem Sprecher Ashkan Khorasani zufolge aber ein Angebot auf ein Aufenthaltsrecht erhofft.
Unter den Festgenommen war nach Polizeiangaben auch Sprecher Khorasani. Er hatten den politisch Verantwortlichen am Freitag ein Ultimatum gestellt und dabei mit dem Tod der Asylsuchenden gedroht: Entweder werde die Forderung der Hungerstreikenden "exakt erfüllt" oder es komme "zu Bobby Sands und Holger Meins auf den Straßen Münchens". Sands und Meins waren Terroristen von IRA und RAF, die sich 1981 und 1974 zu Tode gehungert hatten.
Die Münchner Sozialreferentin Brigitte Meier sagte am Sonntagmittag, zwei am Hungerstreik beteiligte Familien seien inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen und in Apartments untergebracht, einige andere würden in städtischen Asyl-Unterkünften betreut.
Linke sprechen von unnötiger Eskalation
Die Bundestagsabgeordnete der Linken, Nicole Gohlke, bezeichnete die Räumung des Camps als "unnötige Eskalation". Die Polizei sei "mit völlig unangemessener Härte gegen die geschwächten Flüchtlinge vorgegangen", erklärte Gohlke in Berlin.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach sich unterdessen wegen stark steigender Asylbewerberzahlen für eine harte Linie der Behörden aus. Deutschland dürfe für die "internationalen Migrantenströme nicht noch attraktiver werden", sagte Herrmann dem Magazin "Focus". Abschiebungen müssten mit Nachdruck umgesetzt werden, "weil viele abgelehnte Asylbewerber nicht freiwillig ausreisen". Herrmann geht demnach davon aus, dass dieses Jahr mehr als 100.000 Menschen in Deutschland Asyl beantragen. Das wären etwa 30 Prozent mehr als 2012. afp/dpa/AZ