Dem geretteten Höhlenforscher Johann Westhauser geht es besser als erwartet. Er sei auf dem Weg der Genesung. "Das grenzt schon an ein kleines Wunder", sagte der Ärztliche Direktor der Unfallklinik Murnau, Volker Bühren, am Freitag mit Blick auf Verletzung und Umstände. "Der Patient hat extrem viel Glück gehabt." Es sei gelungen, ihn in der Riesending-Schachthöhle bestmöglich zu versorgen. Westhausers Frau und sein Sohn konnten ihn bereits drei Stunden besuchen. Der Forscher bedankte sich per Videobotschaft bei seinen Rettern.
Bühren schätzte, dass Westhauser zwei Wochen in der Klinik bleiben und dann ein bis zwei Monate in eine stationäre Reha gehen werde. "Wir rechnen mit drei bis sechs Monaten, dass er in einen guten Zustand zurückkommt."
Westhausers Stimme klingt noch verschwommen
Westhauser hatte am Pfingstsonntag bei einem Steinschlag in 1000 Metern Tiefe ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten und war bis zum Donnerstag in einer beispiellosen Aktion aus Deutschlands tiefster Höhle geholt worden. In einer Videobotschaft dankte der 52-Jährige aus Pfinztal bei Karlsruhe seinen Rettern. Seine Stimme klang allerdings noch verschwommen.
Im Gehirn sei ein Bereich betroffen, der für die Motorik verantwortlich ist - deshalb tue sich Westhauser mit dem Sprechen schwer. Inhaltlich sei er aber vollkommen klar, sagte Bühren. Nach den Diagnosen und dem bisherigen Verlauf hofften die Ärzte, dass "er eine weitgehende Wiederherstellung erreichen wird".
Drama um Höhlenforscher: Verletzung war lebensgefährlich
Westhauser sei nach dem Unfall für eineinhalb Tage immer wieder bewusstlos gewesen. Dann erst habe sich sein Zustand gebessert - der Verlauf hätte auch anders sein können, sagte Bühren. Die Verletzung sei lebensgefährlich gewesen. Sein Helm barst nicht, konnte den Schlag aber nicht ausreichend abhalten.
Der 52-Jährige sei nach der Ankunft in Murnau zunächst genau untersucht worden, zudem wurde eine Computertomographie angefertigt. Sie bestätigte, was die Ärzte bereits befürchtet hatten: Er hatte eine Blutung im Kopf erlitten, außerdem einen Schädelbruch, der jedoch nicht schwerwiegend sei.
Das ist die Riesending-Höhle
Die Riesending-Schachthöhle auf dem Untersberg in den Berchtesgadener Alpen ist die tiefste und längste Höhle Deutschlands.
Das gigantische Gangsystem umfasst eine Länge von 19,2 Kilometern und ist 1148 Meter tief (Stand: Januar 2014).
Die Höhle liegt sechs Kilometer nördlich von Berchtesgaden, direkt an der Grenze zu Österreich.
«Was ist denn das für ein Riesending?», lautete ein Ausspruch bei der Entdeckung des Eingangstrichters der Höhle, wie die Arbeitsgemeinschaft für Höhlenforschung Bad Cannstatt im Internet schreibt - daher der Name.
Die Bergwacht Bayern bezeichnet das Ausmaß der Höhle als extrem: Bereits die ersten Schächte können nur begangen werden, indem man sich an einem Seil bis zu 300 Meter hinablässt.
Auch auf dem weiteren Weg ist es immer wieder nötig, sich abzuseilen. Noch dazu gibt es Engstellen, durch die nur schlanke Personen knapp hindurchpassen.
Durch Steinschlag und Wasser besteht für Menschen eine erhebliche Gefährdung in den Schächten.
Der Eingangsschacht wurde bereits 1995 entdeckt, blieb zunächst aber nahezu unbeachtet.
Erst von 2002 an begannen Forscher, den Schacht nach und nach zu erkunden. Die Erforschung der Höhle ist mühsam, da der Gangverlauf immer wieder durch Schluchten unterbrochen wird.
Eine Operation am Gehirn sei nicht notwendig, hieß es weiter. "Wir sind sehr froh, dass wir Herrn Westhauser nicht operieren müssen", sagte der Neurochirurg Björn Robert. Allerdings habe Westhauser auch einen Bruch der Augenhöhle erlitten, der nächste Woche operiert werden solle, wenn sich der Höhlenforscher weiter stabilisiert hat.
Westhauser war schon in 1000 Metern intensivmedizinisch behandelt worden, Rettungssanitäter hatten ihn erstversorgt. Er habe Infusionen bekommen, sei über die Vene ernährt worden, hieß es. Erst ein in die Höhle hinabgestiegener Arzt aber habe Westhauser die starken Medikamente gegen die Schwellung im Gehirn verabreichen können, die den Transport möglich gemacht hätten.
Mehr als 700 Menschen hatten an der Rettungsaktion mitgewirkt, darunter 202 Höhlenretter. Westhauser arbeitet am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Der Höhlenforschung ging er in seiner Freizeit nach. dpa/AZ